Mo, 17. April 2006

"Der VfL ist ein besonderer Verein"

Gegner im Visier: Stefan Kuntz

Nach vielen Recherchen ist uns kein Manager eingefallen, der in einer Saison mit zwei Teams den Aufstieg geschafft hat. Kennen Sie einen?

Auf diese Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Nein, ich kenne keinen Kollegen, dem etwas ähnliches gelungen wäre. Aber bisher sind weder der VfL noch TuS Koblenz sicher aufgestiegen. Realistisch betrachtet, habe ich auch eher zum möglichen Aufstieg des TuS Koblenz beigetragen, als dass ich etwas mit der Saisonleistung des VfL zu tun gehabt hätte.

Eigentlich müssten Sie sich über den Aufstieg des TuS Koblenz – so er denn gelingt – mehr freuen als über des VfL. Denn in Koblenz haben Sie lange mitgewirkt, in Bochum übernehmen Sie ein funktionierendes Team. Ist das der Hauptunterschied?

In Koblenz habe ich in vielen grundlegenden Bereichen Aufbauarbeit leisten müssen. Wir waren in der Geschäftsstelle nur zu dritt und haben den Laden geschmissen. Beim VfL steht mir ein funktionierendes und professionelles Team zur Seite, so dass ich mich auf den sportlichen Bereich konzentrieren kann.

Sie kehren an eine frühere Station Ihrer Karriere zurück. Vor- oder Nachteil?

Ein Riesenvorteil. Mir sind viele wichtige Personen im Verein schon lange bekannt, manche waren sogar schon dabei, als ich aktiv war. Ich kenne die Stadt Bochum und habe immer gern hier gelebt. Dazu kommt, dass der VfL meine erste Profistation war und ich mich mit dem Verein und der Stadt besonders verbunden fühle. Der Eingewöhnungsprozeß ist dadurch sicherlich kürzer und ich kann mich direkt in meine Arbeit stürzen.

Der VfL Bochum liegt mitten im Fußball-Herzen Deutschlands. Ist die direkte Nachbarschaft zu Schalke, Dortmund oder Duisburg Chance oder Hindernis?

In gewisser Weise ist wahrscheinlich beides der Fall. Für uns heißt dies aber eher, dass wir uns auf die Stärken unseres Standortes konzentrieren wollen. Der VfL ist ein regional stark verwurzelter Verein. Bis zu 57% unserer Stadionbesucher kommen aus dem Großraum Bochum. Dieser starke regionale Bezug hat auf alle Ebenen unserer Arbeit direkte Auswirkungen. Der VfL ist ein anfassbarer Verein, der keinen künstlichen Abstand zwischen Spielern, Trainern und Funktionären auf der einen Seite und Fans und Partnern auf der anderen Seite einhält. Und weil wir ein so genannter „kleiner Verein“ sind, können wir auch schneller und flexibler reagieren, als manch großer Nachbar. Für einen familiären Club wie den VfL ist das ein großer Vorteil. Was das Besondere am VfL ist, kann ich auch gut beurteilen, weil ich meine Karriere als Spieler hier begonnen habe und sie, auch wegen der Erfahrungen die ich hier gemacht habe, ganz gut verlaufen ist. Der VfL ist ein besonderer Verein, zu dem junge Spieler damals wie heute gerne kommen, weil sie wissen, dass sie hier eine echte Chance bekommen.

Als Sportdirektor geht es auch darum, Wege vorzugeben und Strukturen zu schaffen. In welche Richtung denken sie da?

Im Vergleich zu meiner Zeit als Spieler beim VfL hat sich die Infrastruktur wesentlich verändert. Aber auch wenn der Club nun über ein Nachwuchszentrum, professionelle Trainingsplätze und über das VfL-Stadioncenter verfügt, so wurden hier doch nur Projekte verwirklicht, die zum VfL passen und niemals irgendwelche Luftschlösser gebaut. Mit dieser Denkweise konnte ich mich früher identifizieren und kann es auch heute noch. Daher gilt es für mich also, Strukturen zu schaffen, die zum Verein passen und die auch umsetzbar sind. Ein Ansatz ist hier zum Beispiel ein langfristig angelegtes Scoutingsystem.

Mit dem 1. FC Köln steht ein finanzkräftiger Verein vor dem Abstieg, Vereine mit deutlich geringeren Etats wie Mainz 05 halten Sich hartnäckig in der Liga. Schießt Geld keine Tore mehr? Hat eine Ära im Fußball begonnen, in der es mehr um richtige Entscheidungen geht?

Geld allein hat noch nie Tore geschossen. Hinter großen Erfolgen standen schon immer auch richtige Entscheidungen. Es ist vielmehr so, dass sich die Strukturen in den Vereinen professionalisiert haben und dadurch die finanziellen Unterschiede angepasst wurden. Für kleine Vereine wie den VfL ist es grundsätzlich wichtig, richtige Entscheidungen zu treffen, denn Fehler wirken sich bei uns viel direkter aus als bei vermeintlich größeren Clubs.

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