Mo, 29. Mai 2017

„Ich hätte noch Bock Regionalliga zu pfeifen“

Babak Rafati hält Vortrag am Tivoli

Babak Rafati war FIFA-Schiedsrichter, pfiff Spiele von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, gehörte zu Deutschlands besten Referees. Im Jahr 2011 kam es zu einem dramatischen Zwischenfall. Rafati wollte sich vor dem Bundesliga-Spiel 1.FC Köln gegen FSV Mainz 05 das Leben nehmen, in einem Hotelzimmer in Köln. Fehlentscheidungen in Bundesliga-Spielen hatten ihn dazu getrieben. Seine Vorgesetzten beim Deutschen Fußball Bund hielten mit der Kritik nicht an sich. Er durfte mehrere Wochen keine Spiele mehr pfeifen. „Jeder darf Fehler machen. Nur du jetzt nicht mehr. Sonst bist du raus“, sei Rafati erklärt worden. Heute gibt Babak Rafati Vorträge über Burnout, Depression und Mobbing am Arbeitsplatz. Im Mai war der ehemalige Welt-Schiedsrichter auf Einladung der actimonda krankenkasse zu Gast am Aachener Tivoli. Wir haben Rafatik im Rahmen seines Vortrags  zum Interview getroffen.

Babak Rafati, was sind die Inhalte Ihrer Vorträge?

Ich bin als Mentalcoach und Redner in der freien Wirtschaft mittlerweile tätig und da gebe ich Tipps, wie sich Unternehmen gegen Burnout schützen können. Hierbei ist es mir wichtig, ich bin ein Vorbild dafür, wie man es nicht macht. Das was ich erlebt habe, ist nicht nur ein Problem im Spitzensport, vielmehr ein Gesellschaftsphänomen in unserem Berufsalltag.

Wie hat sich die Depression bei Ihnen geäußert, wie erlebten Sie den Prozess?

Es ist eine Selbstzerstörung. Ich gehe als Mensch einen Kampf ein, den ich nicht gewinnen kann. Da gehört Antriebslosigkeit zu, kein Bock mehr die Sporttasche zu packen. Schlaflosigkeit, weil ich viel grübele. Selbstzweifel mit der Frage, ob ich noch genug bin mit panischer Angst Fehler zu machen. Und am Ende kamen auch Isolation und körperliche Signale hinzu, auf die man nicht reagiert, weil man ja stark sein muss. Wir glauben immer, wenn wir stark sind und keine Schwächen zu lassen, ist es stark. Ich habe mir das auch nicht eingestehen und heute habe ich gelernt, Schwäche zu zeigen ist verdammt groß. Nur damit musst du dich von der Gesellschaft trennen.

Sie betreuen auch viele junge Spieler, die antriebslos sind, weil sie in ihren Vereinen nur zweite oder dritte Wahl sind. Welchen Appell haben Sie an Vereine und damit auch an Unternehmen?

Hier geht es einfach darum, dass wir als Deutscher Fußball-Bund mit dieser Strahlkraft für alle Menschen im Berufsleben ein Vorbild sein wollen. Sportlich Weltmeister, lass uns doch auch menschlich Weltmeister sein, damit diese Dinge nicht passieren. Es geht immer um Menschen und Menschenleben, damit das Leben wieder eine Lebensqualität hat.

Wie haben Sie aus der schweren Zeit der Depression herausgefunden?

Meine Frau und meine Familie standen komplett hinter mir. Es ist wichtig, dass jemand da ist, dass man jemanden hat, an den man sich anlehnen und vertrauen kann. Aber ebenso wichtig ist die Therapie. Ich habe damals auch gedacht, ich bin doch nicht krank, da gehe ich nicht. Aber heute muss ich ganz klar sagen, jeder Mensch mit diesen Problemen braucht eine Therapie - das hat nichts mit krank sein zu tun, sondern um Reflektion. Da geht’s um Verarbeitung, um sich selbst kennenzulernen.

Sie sind zum ersten Mal am neuen Tivoli, wie sehen Sie die Regionalliga West?

Ich hätte auch heute noch Bock Regionalliga zu pfeifen. Das sind einfach Traditionsvereine, wenn ich sehe, wer hier spielt. Oberhausen, Aachen, Essen, Wattenscheid – das ist eine geile Liga, das juckt. Ich glaube auch weiterhin der Schiedsrichter-Job ist eine tolle Sache.

Vielen Dank für das Gespräch.

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