Fr, 22. August 2014

"Neue Helden auf neuen Trikots"

Die Kolumne von Sascha Theisen zum Spiel gegen Düsseldorf

„Keine Chance – bei der Frisur, keine Chance!“ Die Diskussion im Auto auf dem Weg zum ersten Heimspiel der Saison nahm langsam aber sicher subjektive Züge an – was aber auch kein Wunder war. Denn der richtige Flock auf dem Rücken des neuen Trikots ist eben nichts, was man mal eben im vorbeigehen regelt. Der Kapitän war jedenfalls schon mal raus, was die Sache nicht unbedingt einfacher machte. Denn während wir früher auf dem Weg zum Saisonauftakt Neuzugänge durchkauten, die wir vor ihrem Wechsel zu uns am Fernseher intensiv beobachten konnten, waren wir dieses Mal ziemlich blank unterwegs. Denn wer kennt sich schon wirklich gut aus, wenn es um den Nachwuchs von Hannover 96 oder Fortuna Düsseldorf geht?

Was dann bleibt, sind eben vor allem oberflächliche Äußerlichkeiten. Denn die haben den Vorteil, dass man sie mit der Bratwurst in der rechten Hand und dem Getränk der Wahl in der linken beim Aufwärmprogramm direkt vom Schalensitz aus blendend diskutieren kann. „Wie sieht es denn im Sturm aus?“ Die Frage des Sohnemanns war absolut berechtigt, sind es doch in erster Linie die Stürmer, die im Normalfall den besten Glamour-Faktor besitzen. „Den da vorne haben wir geholt – der war eine Liga drunter Torschützenkönig!“ Kurze Stille –das Wort „Torschützenkönig“ war an diesem Ort schon etwas länger nicht gefallen und klang entsprechend beeindruckend. Also war klar, dass Sahin Dagistan grundsätzlich Potential für die engere Wahl haben könnte. „Guter Mann!“ warf ich ein, um den Entscheidungsprozess voran zu bringen. „Hmhm!“ – die nachdenkliche Antwort. „Aber auch die Frisur ist ziemlich schräg, oder?!“ Prüfender Blick, gleichzeitiges Nicken – auch Dagistan war wieder raus – vielleicht sollte man mal über einen Vereinsfriseur nachdenken.

Längst war klar, es würde dieses Jahr keine einfache Entscheidung werden. Also gingen wir die Kandidaten einzeln durch: Jerat? Nicht schlecht, aber FC-Vergangenheit in der Familie. Erst mal auf Wiedervorlage! Lejan? Linksfuß! Die Lösung vom letzten Jahr, Thackray? Ersatzbank! Demai? Könnte im Winter wieder weg sein! Duspara? Gar nicht schlecht – aber auch nicht unbedingt ein Kandidat für die Torjägerkanone! Ernst? Zu viele Wortspiele möglich! Garcia? Spanische Namen auf Alemannia-Trikots? Bisschen viel Cojones!

„Es hilft nichts. Wir warten das Spiel erst mal ab und entscheiden dann!“ Der väterliche Rat – gesagt, getan. Und selten lag eine Entscheidung so richtig, wie diese. Denn nach den 90 Minuten gegen den Aufsteiger aus Hennef war es klar wie schlesische Kloßbrühe, wer unsere neuen Trikots und damit die wohl schönsten seit zehn Jahren in dieser Saison mit seinem Namenszug beehren sollte: die Reinkarnation von Alexander Klitzpera! Marcus Hoffmann! Lange hat man nicht mehr solche Kopfbälle am Tivoli gesehen, lange nicht mehr solche kompromisslose Zweikämpfe und eben seit Klitze auch nicht mehr einen solchen Laufstil – als wäre jeder Schritt der letzte und doch der erste. Großartig! Zum Glück habe ich den Blick für solche Helden früh vererbt, so dass nur ein einziger Blick zwischen Vater und Sohn genügte, um die Sache einzutüten, zumal das Siegtor auch noch auf Hoffmanns Konto ging. „Ja – der ist es in diesem Jahr!“ Also – kurz den Sieg und die Tabellenführung gefeiert, ging es voller Elan rauf in den Fan-Shop, um das Ding nicht noch zu vertändeln. „Hoffmann aufs Trikot – wir singen Hoffmann aufs Trikot, Hoffmann aufs Triiikot! Wir singen...

Nun wäre Alemannia nicht Alemannia, wenn da nicht doch noch ein kleines Schnürchen gespannt wäre. „Für Kinder haben wir leider keine Beflockungsmaschine!“ Ein Satz wie die Rechte von Mike Tyson in „Hangover“ – mitten rein in die Euphorie, mitten rein in die Fresse! Ungefähr den halben Tag war die Sache jetzt „Chefsache“ im Hause Theisen gewesen und jetzt das! Schau Deinem Sohn mal ins Gesicht, wenn der sich gerade einen neuen Helden ausgesucht hat und der dann nicht auf sein Trikot darf. „Ihr Trikot können wir aber beflocken!“ „Na klar – wenn Du willst, dass ich für den Rest des Wochenendes Nuklearstimmung im Haus habe, beflocke ich das jetzt bei Dir,“ wollte ich dem Mann hinter der Fanshop-Theke antworten, tat es aber besser nicht, sondern verzichtete beiläufig, damit mir niemand die gleiche Enttäuschung wie die eines Achtjährigen nachsagen konnte. Mit hängenden Schultern verließen wir den Shop – ohne Helden-Schriftzug auf den neuen Trikots. Keine Rückennummer, kein Hoffmann – dafür aber einen neuen Helden, immerhin. Und wenn jemand weiß, wie man den auf ein Kinder-Trikot bekommt – das wäre mir ein paar Euro wert! Denn der richtige Flock auf dem Rücken eines neuen Trikots ist nichts, was man mal eben im vorbeigehen regelt.

Mehr von Sascha Theisen gibt es auf seiner Internetseite www.torwort.de

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