Di, 25. August 2015

"Seemannsgarn"

Die Kolumne von Sascha Theisen zum Spiel gegen Kray

„Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord!“ Wer kennt es nicht, das alte Seemannslied, in dem das Wasser in den Fässern kocht und täglich einer über Bord geht? Ahoi Kameraden! Jeden zweiten Abend singe ich das Lied meinem Sohn Jan an seinem Bett vor, nachdem die Räuber Grapsch oder Hotzenplotz angemessen abgearbeitet wurden. Natürlich ist das Lied nur eine Ouvertüre. Denn gleich danach und ohne hörbare Tonbrücke folgt sofort die kongeniale Anfangszeile des zweiten Gute-Nacht-Liedes, das schon bei Jans Bruder wertvolle Dienste geleistet hat: „Regenschauer überm Tivoli“. Keine Frage: Feste Rituale müssen sein – gerade dann, wenn sie für den Sieg die Garantie geben. Schließlich muss man den ganzen verblendeten 1.FC Köln-Fans in der gerade erst beginnenden Grundschule ja auch musikalisch Paroli bieten können, wenn man schon keine sportlichen Argumente hat.

Zuletzt dachte ich allerdings einmal kurz, dass der gute alte Madagaskar-Klassiker derzeit vielleicht etwas besser zu Alemannia passt, wenn Mannschaften mit klingenden Namen wie Wiedenbrück, Rödinghausen oder eben der FC Kray an den Tivoli kommen und einst graue Mäuse wie Oberhausen, Viktoria Köln oder Verl schon fast zu Giganten-Besuchen werden. Irgendwie hat man sich schon so ein bisschen damit abgefunden, mit Skorbut bei Hungersnot vor einem kochenden Fass Wasser herum zu lungern – die Pest an Bord.

Der Gedanke hat mich irgendwie angefixt. Und so verbrachte ich zuletzt ein paar freie Stunden damit, nur Lieder auf meinem Handy zu hören, die zu Alemannia passen. Das hat Spaß gemacht und die Hitparade, die sich daraus ergab, ist durchaus mal eine Playlist wert. Kleiner Auszug gefällig?

Nothing else matters – Metallica

„Trust I seek and I find in you“ singt James Hetfield in dem mittlerweile zugegebenermaßen etwas abgelutschten Lagerfeuer-Klassiker. „Couldn´t be much more from the heart!“ Kümmere Dich nicht darum, was Sie sagen! Kümmere Dich nicht darum, was sie wissen. Life is ours, we live it our way. Kann man so sagen, oder?

Tom Petty – I won´t back  down

„Well I won't back down. No, I won't back down. You could stand me up at the gates of hell. And I won't back down“. Scheint so, als wäre der gute alte amerikanische Rocker-Onkel Tom Petty mit Leib und Seele Alemanne. Denn mal ehrlich: Wer bei den „gates of hell“ nicht an die Regionalliga West denkt, der war auch noch nie da – weder in der Hölle noch in den mindestens genau so abgründigen Tiefen der Regionalliga. We won´t back down, Mr. Petty!

Bon Jovi – You give love a bad name

Klar – Bon Jovi geht schon lange gar nicht mehr. Da muss man schon in den ganz alten Scheiben des alten Ally McBeal-Lovers stöbern, um noch ein Schätzchen zu finden, das auch noch zu Alemannia passt. Und da gibt es eine Scheibe, die passt zu ihr wie Jon auf Ally: „You give love a bad name!“ – nämlich genau dann, wenn mal wieder einer dieser regnerischen November-Abende ansteht, an denen rein gar nichts geht. Obwohl: Geht nicht, gibt es nicht. Denn mehr Liebe geht eben nicht! Und wenn sie an diesem Abend eben mal wieder nur sehr einseitig war, hörst Du auf dem Rückweg eben noch mal dem heute peinlichen Altrocker zu, wenn er sagt: „Shot through the heart. And you're to blame. You give love a bad name. I play my part and you play your game. You give love a bad name“

John Lennon – Imagine

Frei nach Walter Sobchack: „Man kann über Alemannia ja sagen, was man will: An Hoffnung hat es nie gemangelt!“ Egal, welche Liga – ein bisschen was geht immer. Ein bisschen träumen, wird ja wohl noch erlaubt sein. Und wenn man in der vierten Liga auf dem fünften Platz steht, dann träumt man doch insgeheim schon auch davon, nur noch ein Mal, ein einziges Mal, in diesem verdammt leeren Athener Stadion stehen zu dürfen und die nächste UEFA Cup-Runde zu feiern. Man wird ja wohl noch träumen dürfen:. Oder wie Lennon es ausdrücken würde: „You, you may say I'm a dreamer...“

Klar – es war noch weit mehr auf dieser Playlist – alte Bud-Spencer Songs, die Lightning Seeds oder tragische Cash-Balladen – da ging so einiges, auf jeden Fall war nichts Neues dabei, nur alte Songs – weil früher ja alles immer besser war.

Am Ende ist aber heute Spieltag und da geht es gegen Kray. Und da kocht eben das Wasser in den Fässern. Bittere Regionalliga-Realität – fußballerisch wie musikalisch. Aber Scheiß doch drauf, denn gleich danach geht es ohne Tonbrücke weiter. Dann heißt es auf einmal „Regenschauer überm Tivoli!“ und dann weißt Du: „I won´t back down!“.

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