Sa, 28. September 2019

Gedanken an einen neuen Lebensmittelstürmer

Kolumne von Sascha Theisen

Als wir noch selbst Fußball spielten, war die Welt noch in Ordnung. Das Training am Mittwoch ließen wir meist ausfallen. Dafür trainierten wir freitags umso intensiver – in erster Linie, um nach der Übungseinheit ordentlich Durst zu schieben und dem gefüllten Kühlschrank in der Umkleide gerecht werden zu können. Der war stets gut gefüllt, was einem Vorstandsmitglied zu danken war., der es irgendwie gut mit uns – der zweiten Mannschaft – meinte. Erst Jahre später habe ich verstanden, dass dieses Befüllen von Kühlschränken nicht selbstverständlich und Teil eines Ehrenamtes war, für das dem guten Mann nie wirklich gedankt wurde, was ich gerne hiermit nachholen würde.

Jemand, der die kühlen Biere in der Umkleide sicher auch für selbstverständlich hielt und neben dem eines von ihnen besonders gut schmeckte, wenn man auf der harten Bank der Umkleide saß, war unser Mann für die Tore – im Kreise der Mannschaft stets und fast schon ein bisschen zärtlich „Der Lebensmittelstürmer“ genannt. An guten Spieltagen war er so etwas wie unsere Lebensversicherung. Denn trotz überschaubarem Laufpensum knipste er an diesen Tagen zuverlässig und gut. Leider hatte der Lebensmittelstürmer seine guten Tage nicht immer sonntags, wenn wir spielten, sondern eben eher freitags, wenn wir trainierten, nachher den Kühlschrank austranken und dabei vorausschauend von den Heldentaten sprachen, die wir sonntags vorhatten, aber nie einlösten.

Zuletzt musste ich wieder öfter an den Lebensmittelstürmer denken – an seine bullige Herangehensweise an ein Fußballspiel, an die Zigarette, die er morgens um 9 Uhr aufsaugte, wenn sich alle völlig verkatert am Treffpunkt zum Spieltag einfanden und an seine Sturmläufe, die er mit dem erhobenen Arm , seinem ganz eigenen „Ich-bin-frei“-Signal, begann, um sich dann unfassbar langsam aber dennoch irgendwie dynamisch in Bewegung zu setzen. Ich schätze mit dem heutigen Abstand von gut 20 Jahren, dass er sicher jeden zehnten Pass erlief und davon wiederum jeden dritten Ball versenkte, was am Ende locker zu vier bis fünf Saisontoren reichte – eine Quote, die ihn in der internen Torjägerwertung in die Spitzengruppe spülte.

Klar – irgendwie schräg, dass ich in letzter Zeit wieder öfter an ihn denken muss. Aber Schuld daran ist Alemannia und ihre Stürmersuche. Denn während Gary Noel beim Aufwärmen an der Seitenlinie ungefähr an den Aktionsradius des Lebensmittelstürmers auf dem Rasen erinnerte, scheint nun nach Garys Demission klar: Ein neuer Stürmer täte den schwarz-gelben Farben in dieser ein bisschen holprig gestarteten, aber sich nun langsam stabilisierenden Saison ganz gut.

Was ist also zu tun in einem solchen Fall? Klar – die Recherche auf transfermarkt.de muss her. Wie viele Lebensmittelstürmer sind dann gerade vereinslos und damit frei für den Weg in Fuats Kader? Kurz auf „vertragslose Spieler“ geklickt und los geht´s. Filtereinstellungen: Detailposition – (Lebens)Mittelstürmer, Nationalität – alle, Alter alle, vertragslos seit – 2018. Anzeige: vom kleinsten Marktwert ausgehend, denn wer glaubt schon ernsthaft, dass der Engländer Gary Hooper für 1,5 Mio. nach Aachen kommt?

Und siehe da – die Auswahl scheint gar nicht mal schlecht: Wie wäre es zum Beispiel mit Jari Oosterwijk, zarte 24 und zuletzt bei Twente Enschede? Wäre mal wieder Zeit für einen Holländer in schwarz-gelb. Auf der anderen Seite ist der gute Mann vielleicht dann doch eine Idee zu teuer. Dann vielleicht schon eher Nicholas Amaoako aus Ghana? Immerhin fünf Spiele ohne Torerfolg in den USA und auf dem Bild sieht er irgendwie entschlossen aus. Wenn Fuat ihn fit bekommt, geht er in zwei Jahren vielleicht für 70 Mio. nach Manchester oder Liverpool. Unsere bekackten Sorgen hätten endlich ein Ende. Hm – vielleicht hat es aber auch einen Grund, warum er seit 2018 vereinslos ist und vielleicht ist die Torquote auch kein Zufall. Lieber nicht.

Bliebe Junior Torunarigha – ein alter Bekannter und mit dem angegebenen Marktwert von 125.000 leicht überschätzt. Mal ehrlich: Erinnere ich mich an ihn, erinnere ich mich an den guten alten Lebensmittelstürmer. Etwas behäbig im Antritt, aber einmal auf Touren unaufhaltsam. Besser wäre da eigentlich nur noch das Original – dem gehört aber mittlerweile eine Kneipe in Düren und ich bin nicht ganz sicher, ob er mit dem Rauchen aufgehört hat. Außerdem: Den Mittwoch wird er wahrscheinlich immer noch schwänzen. Ich könnte ihn aber mal fragen oder es ruft halt mal einer bei Junior Torunarigha an.

 

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