Mo, 6. Mai 2013

Offener Brief an die Alemannen

Liebe Alemannen,                                                                                                            6. Mai 2013

seit dem Schlusspfiff in Halle steht fest: Die Alemannia ist sportlich aus der 3. Liga abgestiegen. Eine einzigartige wirtschaftliche und sportliche Talfahrt endet in der Insolvenz und in der Regionalliga. Das ist ein ganz bitterer Tag für den Verein, die Mannschaft, tausende Fans nah und fern und auch für die Stadt Aachen.

Die Ursachen sind vielschichtig und werden im Insolvenzverfahren – auch hinsichtlich möglicher Haftungsansprüche gegen einzelne Personen – noch sehr genau geprüft. Aber schon jetzt ist deutlich, dass eine verfehlte Personalpolitik, kaufmännische Fehlentscheidungen und ein weitestgehend bereits in der vergangenen Zweitligasaison zusammengestellter überteuerter Kader ihren Anteil am Niedergang haben. Zum Schluss wurde unter anderem mit falschen Angaben zum Lizenzantrag versucht zu retten, was seit Monaten nicht mehr zu retten war. Der DFB hat dem Verein deshalb bereits zwei Punkte abgezogen. Fast alle, die für die Alemannia Verantwortung trugen, haben versagt. Da gibt es nichts zu beschönigen.

Von dieser Kritik nehmen wir die Mannschaft aus. Sie hat gegeben, was sie konnte und was unter Insolvenzbedingungen möglich war. Die meisten Spieler sind nicht weggelaufen und haben sich trotz erheblicher Gehaltseinbußen der Lage gestellt. Jeder, der schon einmal auf dem Rasen gestanden hat, weiß, wie eng es war. Die unglücklichen Niederlagen gegen Unterhaching, Babelsberg, Münster und Rostock haben die Jungs nicht verkraftet. Dass die Mannschaft sportlich anständig, fair und mit allem Einsatz gespielt und gekämpft hat, verdient Respekt und Anerkennung. Auch dem DFB haben wir nichts vorzuwerfen. Er hat auf Lizenzverstöße maßvoll reagiert und bis zuletzt mit uns überlegt, wie man sportrechtlich die Liga bei entsprechendem sportlichen Erfolg würde halten können.

Wie geht es weiter?

  • die Lizenz für die Regionalliga ist beantragt. Wir sind jetzt auch in der Lage, dem WFLV eine Spielstätte zu melden: Den TIVOLI!
  • Wir haben die Unterstützung eines großen Vermarkters, der die Alemannia in den kommenden Jahren bei ihrem Wiederaufstieg begleiten wird.
  • Die Stadt ist über ihren Schatten gesprungen. Der Rat hat mit großer Mehrheit dem Nutzungsvertrag für den TIVOLI zugestimmt. Dass dieser nur auf ein Jahr befristet wurde, darf nicht verwundern. Alemannia ist in der Schuld und hat den Nachweis zu führen, dass man auch längerfristig wieder Vertrauen verdient.
  • Die Personalplanungen laufen. In der Verwaltung wird die Alemannia noch schlanker werden müssen, denn das knappe Budget ist auf den Sport ausgerichtet.
  • Im sportlichen Bereich werden Gespräche mit dem Sportdirektor und dem Cheftrainer geführt. Es ist mehr als nur eine Frage des Anstands, zunächst mit denen zu sprechen, die unter ganz anderen Vorzeichen nach Aachen geholt wurden und dennoch nicht davongelaufen sind, als es knüppeldick kam.
  • Die Alemannia muss so schnell wie möglich wieder raus aus der Insolvenz. Das geht nur mit Hilfe eines Insolvenzplans, der akzeptable und mehrheitsfähige Vorschläge enthält, wie die Forderungen der am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubiger auf der Grundlage beschränkter Mittel quotal bedient werden können. Das ist angesichts von über 10.000 Gläubigern ein riesiger Kraftakt. Wird der Insolvenzplan mit den gesetzlich vorgeschriebenen Mehrheiten angenommen, gelten die nicht durch die Planquoten erfüllten Forderungen als erlassen. Alemannia Aachen GmbH wäre danach schuldenfrei. Der Plan wird auch die Haftungsansprüche gegen Organe regeln.
  • Um ein Planverfahren durchführen zu können, muss zunächst das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Diese Entscheidung trifft einzig und allein das Amtsgericht Aachen auf der Grundlage eines umfassenden Gutachtens, das zurzeit erarbeitet wird.
  • Der Zeitpunkt der Eröffnung ist jetzt von untergeordneter Bedeutung, nachdem die Alemannia sportlich abgestiegen ist. Entscheidend für die Zukunft der Alemannia ist es, die Saison zu Ende zu spielen, um einen Abstieg in die Kreisliga zu vermeiden. Dieses Ziel ist erreicht.
  • Unmittelbar nach dem Insolvenzantrag im November 2012 sah es nach einem völligen Zusammenbruch aus. Zwar konnte die sofortige Einstellung des Spielbetriebs durch Spenden vermieden werden, doch musste ein Finanzloch von fast 2.5 Mio. Euro gestopft werden, um bis zum 18.5.2013 durchspielen zu können. Dies ist nur dank Uli Hoeneß und dem FC Bayern München, sowie unseren Sponsoren und Werbepartnern und engagierten Unternehmern eines Wirtschaftsausschusses, aber vor allem auch aufgrund von harten Einsparungen gelungen.
  • Da mit einer Eröffnung des Verfahrens erst nach dem 18.5. zu rechnen ist und auch das Pokalendspiel gegen Fortuna Köln noch ansteht, wurden vorsorglich Mittel aus dem Solidaritätsfonds des DFB in Anspruch genommen. Zum einen, um kein finanzielles Risiko einzugehen, zum anderen, weil es nach dem sportlichen Abstieg nichts mehr zu verlieren gibt. Dem Verein wird daraus auch künftig kein Nachteil entstehen.
  • Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird die gesetzlich vorgeschriebene Gläubigerversammlung stattfinden. Vorher müssen alle Gläubiger ihre Forderungen anmelden. Die Gläubigerversammlung hat ganz entscheidende Bedeutung. Denn sie beschließt, ob die Alemannia fortgeführt oder liquidiert wird und ob es überhaupt zur Durchführung eines Planverfahrens kommt. Über den Insolvenzplan wird dann in einer weiteren Gläubigerversammlung abgestimmt. Läuft alles nach Plan, wird Alemannia am Ende der Hinrunde das Insolvenzverfahren verlassen.

Jeder kann ermessen, welch steiniger Weg in den nächsten Wochen vor uns liegt. Jede Unterstützung ist willkommen und wird dringend benötigt. Das gilt für die einmaligen Fans ebenso wie für unsere Sponsoren. Hier müssen und wollen wir stellvertretend für alle, Herrn Prof. Dr. Günter Schuh von StreetScooter hervorheben, dessen Engagement viele Zweifler überzeugt hat, der Alemannia auch in existenzieller Not die Hilfe nicht zu versagen. Wichtig ist auch die Unterstützung durch den Gläubigerausschuss, der nach dem Gesetz substanzielle Mitwirkungs- und Kontrollfunktionen ausübt und allen wichtigen Entscheidungen zustimmen muss.

Wenn man sich die Mannschaften der Regionalliga ansieht, dann weiß man, dass hier keine Spaziergänge anstehen. Unter den Bedingungen eines Insolvenzverfahrens eine schlagkräftige und wettbewerbsfähige Mannschaft auf den Rasen zu stellen, ist die nächste Herausforderung, die bewältigt werden muss.

Alemannia ist insolvent, aber handlungsfähig. Wir sind seit vielen Jahren krisenerfahren, kennen Situationen wie diese und werden, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird, geordnete Strukturen hinterlassen. Das sind Pflichtaufgaben, die Geschäftsführer und Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter im Insolvenzplanverfahren zu erfüllen haben und die der strengen Kontrolle durch das Gericht und dem Gläubigerausschuss unterliegen.

In den vergangenen Monaten wurde viel geschafft, aber endgültig noch nichts erreicht. Wir kommen nur mit breiter Unterstützung ans Ziel, das lauten muss:

Wir kommen wieder!

 

Herzliche Grüße

 

Michael Mönig                                     Prof. Dr. Rolf-Dieter Mönning

Rechtsanwalt                                       Rechtsanwalt

als Geschäftsführer                              als vorläufiger Sachwalter

 

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