Es ist Westschlager-Zeit! Im Stadion an der Hafenstraße trifft die Alemannia am Sonntagabend auf das ambitionierte Rot-Weiss Essen. Wir haben die in der 3. Liga bisher ungeschlagenen Essener unter die Lupe genommen.
R wie Rivale: Rot-Weiss gegen Schwarz-Gelb, das verspricht seit jeher nicht nur westdeutsche Fußballromantik, sondern auch eine gesunde Portion Rivalität. Ganze 91 Meisterschaftsspiele trugen die beiden Traditionsvereine aus Nordrhein-Westfalen bereits gegeneinander aus, seit der Jahrtausendwende duellierten sich beide Teams immerhin 21-mal. Nicht selten kochten in diesen Spielen die Emotionen hoch, nicht selten zehrte der Gewinner wochenlang von einem mühsam errungenen Sieg gegen den Rivalen. Balsam für die schwarz-gelbe Seele war da die letzte Spielzeit, in der die Alemannia gleich beide Partien gegen die Essener für sich entscheiden konnte. Erst ließ Anton Heinz direkt am ersten Spieltag die Hafenstraße durch seinen Doppelpack beim 2:1-Auswärtssieg gekonnt verstummen, dann sorgten Anas Bakhat und erneut Heinz mit ihren Toren im Rückspiel für einen umjubelten 2:0-Erfolg auf dem Tivoli. Dass die Kaiserstädter beide Spiele in einer Saison gegen RWE gewannen, kam damit übrigens zum vierten Mal vor – bereits 1963/64, 2016/17 und 2018/19 feierte die Alemannia im Traditionsduell doppelt. Essen dagegen gelang dieses Kunststück bereits siebenmal, zuletzt in der Spielzeit 2017/18. So oder so: Geschenkt wird sich zwischen diesen beiden Klubs rein gar nichts…
W wie wild: Dieses Prädikat verdient Essens letzter Liga-Auftritt am vergangenen Freitagabend bei Wehen Wiesbaden. Offener Schlagabtausch, Achterbahnfahrt, Schützenfest – auch diese Begriffe würden passen. Mit 4:3 behielt die Mannschaft von Trainer Uwe Koschinat am Ende eines fulminanten Abend die Überhand, der Weg zu diesen drei Punkten war allerdings ein steiniger. Nachdem RWE in der BRITA-Arena mit einem 0:1-Rückstand in die Pause gegangen war, drehte die Elf aus dem Ruhrgebiet plötzlich auf und schoss im Handumdrehen einen 3:1-Vorsrpung heraus. Damit war die Partie eigentlich schon gegessen – eigentlich. Denn Wiesbaden antwortete, und zwar doppelt. Als Nikolas Agrafiotis in Minute 87 den umjubelten 3:3-Ausgleich erzielte, hatte sich alles im Stadion bereits auf eine Punkteteilung eingestellt.
Doch RWE hatte noch einen letzten Trumpf in der Hinterhand, der auf den Namen Torben Müsel hört: In der vierten Minute der Nachspielzeit ließ der kurz zuvor eingetauschte Offensivmann das Wehener Netz mit einem trockenen Flachschuss aus 15 Metern ein viertes Mal erzittern und versetzte den mitgereisten RWE-Anhang in komplette Ekstase. Mit seinem Treffer sicherte Müsel den Essenern in der bisher torreichsten Partie dieser Spielzeit den ersten Saisonsieg, nachdem an den ersten beiden Spieltagen nur jeweils ein 1:1-Remis gegen 1860 München und beim TSV Havelse herausgesprungen war. Auch im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund hatte es in der ersten Runde keine Sensation gegeben – Essen musste sich dort trotz guter Leistung knapp mit 0:1 geschlagen geben.
E wie effektiv verstärkt: Von einem Komplett-Umbruch im Sommer kann bei RWE wahrlich keine Rede sein. Der Mitfavorit auf den Aufstieg nahm nur wenige, dafür aber gut überlegte Änderungen am Kader vor. Mittelfeldmann Luca Bazzoli ist eine dieser gut überlegten Änderungen, der 24-Jährige absolvierte in der letzten Saison noch 21 Zweitliga-Partien für Preußen Münster. Jannik Hofmann heißt ein weiterer Neuer – den Rechtsverteidiger liehen die Essener vom 1. FC Nürnberg aus. Gegen Havelse fehlte der 23-Jährige, ansonsten war er bisher gesetzt. Und da wäre noch Rückkehrer Marvin Obuz: Bereits 2023/24 war der beim 1. FC Köln ausgebildete Offensivkünstler leihweise für RWE auf dem Platz herumgewirbelt, jetzt verpflichteten die Rot-Weissen ihn endgültig. In Wiesbaden feierte Obuz sein Startelfdebüt und bewies allen voran in der zweiten Halbzeit mit zahlreichen guten Aktionen, warum er sich für eine Rückkehr nach Essen-Bergeborbeck empfehlen konnte.
Unser Spieler im Fokus: José Enrique Ríos Alonso. Der 2021 verpflichtete Innenverteidiger ist nach Keeper Jakob Golz nicht nur der zweitdienstälteste Spieler im Essener Kader, sondern war in über 150 Pflichtspieleinsätzen immer jemand, der Verantwortung übernahm – auch in Schwächephasen wie in der Hinrunde der vergangenen Saison. Seit der letztjährigen Rückrunde blüht der frisch verheiratete Ríos Alonso allerdings wieder voll auf und sorgt mit seiner guten Zweikampfquote, seinem exzellenten Stellungsspiel sowie einer soliden Spielübersicht immer wieder für starke Momente im Essener Spiel. Auch in der Luft hat der mit 1,82 Metern für einen Innenverteidiger vergleichsweise kleine Deutsch-Spanier so seine Fortschritte gemacht – das gilt für die Defensive wie die Offensive. Im Eröffnungsspiel gegen 1860 sorgte er mit einem Kopfballtor für die Führung, jüngst in Wiesbaden steuerte er bereits sein zweites Saisontor bei – und ist damit aktuell der torgefährlichste Rot-Weisse.
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