Do, 7. Februar 2008

Tore für den Aufstieg

Eigentlich ist Milivoje Novakovic ein großes Missverständnis. Denn den Angreifer von mehr als 1,90 Metern Körpergröße hatten sie in Köln noch zu Hanspeter Latours Zeiten als Mittelstürmer verpflichtet. Sie hatten mehr als eine Millionen Euro an Litex Lovetsch (Bulgarien) überwiesen, um den großen Angreifer mit hohen Bällen zu füttern. Ein so großer Kerl müsste den Ball doch prima für die anderen Spieler ablegen können. „Man hat mich am Anfang komplett falsch beurteilt“, sagt Milivoje Novakovic heute. Novakovic weiß, dass das Kopfballspiel gar die große Schwäche seines Spiels ist. Tore schießt er zwar am Fließband – aber in der Regel mit den Füßen. Doch es dauerte fast ein halbes Jahr und damit bis zur neuen Ära Daum, ehe den Verantwortlichen bewusst wurde, welchen Klassestürmer sie da an Land gezogen hatten – wenn sie ihn denn richtig ins Spiel einbinden. „Das Jahr 2007 war für mich der Knackpunkt“, sagt Novakovic nun. Er hat die Flucht nach vorn angetreten, gekämpft um einen Platz im Team und ist nun nicht mehr wegzudenken.

Es ist die eine Seite des Milivoje Novakovic: der Kampf. Den hat er von klein auf verinnerlicht. Angefangen hatte alles nämlich in einer tristen Hochhaussiedlung in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana. Es ist eine dieser romantischen Fußballgeschichten, vom kleinen Jungen aus dem zehnstöckigen Betonbunker, den der Fußball in die Welt hinausführt und ihn als Nationalspieler zurück in die Heimat bringt. Doch Milivoje Novakovic hat seine Wurzeln nie abgeschnitten. Im Gegenteil, er ist stolz auf seine Wurzeln. Seine Eltern wohnen immer noch in der Wohnung des zehnstöckigen Hochhauses und Milivoje Novakovic besucht sie, wann immer es möglich ist.

Über Österreich (Lask Linz) und Bulgarien (Lovetsch) hat er sich in die Bundesliga gekämpft, ist hier die Attraktion der Liga und längst wichtiger Nationalspieler Sloweniens. Seine Tore haben ihn zum Star gemacht. Doch: „Eigentlich schaue ich nicht so sehr auf meine Tore, obwohl 14 in dieser Saison schon eine Menge sind“, sagt der Torjäger nur. „Wenn mir im Sommer jemand gesagt hätte, dass ich in dieser Saison 14 Tore schieße, dann wäre ich zufrieden gewesen.“ Doch nun will er natürlich mehr. Aber nicht Tore sondern Punkte. „Wenn ich keine Tore mehr schieße, wir aber aufsteigen, bin ich zufrieden“, sagt er. Die andere Seite des Milivoje Novakovic ist fast schon urkölsch. In Zeiten, in denen der letzte kölsche Jung Carsten Cullmann nur noch für die Oberliga-Mannschaft aufläuft, ist es der Slowene, der mehr denn je die kölschen Tugenden verkörpert. Novakovic ist ein fröhlicher Typ, der gerne lacht und feiert – auch wenn er dabei bisweilen über die Stränge schlägt. Er wohnt in der Altstadt, sozusagen mit Blick auf den Dom und genießt das Leben in der Domstadt.

Novakovic ist aber auch einer, der nie den Glauben an den Erfolg verliert. Frei nach dem Motto: Et hätt noch immer jot jejange. Oder auf die zunächst schleppend anlaufende Saison bezogen: „Auch wenn es schwer wird, ich glaube an diese Mannschaft und darum bin ich davon überzeugt, dass wir es gemeinsam schaffen aufzusteigen.“ Die Saison. Lange sah es so aus, als würde der FC mit seinen Fans geradewegs auf das nächste Tal der Tränen zustürmen. Das neu zusammengestellte Team wurde nur langsam zu einer Einheit, erst gegen Ende der Hinrunde gelang es Trainer Christoph Daum eine Elf zu formen, die ihre Stärken in die Waagschale wirft und nicht mit ihren Schwächen protzt. Der 1. FC Köln der Saison 2007/2008 hat eingesehen, dass er immer dann erfolgreich ist, wenn er schnell in die Spitze – auf Novakovic oder Nationalstürmer Patrick Helmes – spielt. Die Abwehr rückt selten weit auf, um Laufduelle der langsameren McKenna oder Özat zu verhindern, das zentrale Mittelfeld steht meist tief, um den offensiven Außen mehr Platz zu schaffen. Vor allem Nemanja Vucicevic kann – wenn er wieder richtig fit ist – mit seiner Geschwindigkeit eine gefährliche Waffe sein. Erst recht, wenn er vom Flügel mit Ball in die Mitte ziehen kann. Und im Zentrum wartet das erfolgreichste Sturmduo der Liga. „Mit Patrick verstehe ich mich inzwischen blind, auf und auch neben dem Platz. Er weiß, welche Qualitäten er hat, die mir fehlen, und umgekehrt. Das macht uns stark“, sagt Novakovic, der 14-Tore-Mann, die Super-Nova. Helmes, das ist längst besiegelt, wird den FC im Sommer allerdings gen Leverkusen verlassen und auch Novakovic hat das Interesse aus dem In- und Ausland geweckt. Der Slowene will natürlich höher hinaus – zumindest in die 1. Bundesliga. Und er ist sich sicher, dass er dieses Ziel mit dem FC erreicht. „Wir spielen kein weiteres Jahr 2. Liga. Ich bin mir einfach ganz sicher, dass der 1. FC Köln aufsteigt, daher mache ich mir über das Thema keine Gedanken“, sagt er. Es wird ein schwieriger Weg – keine Frage. Aber vielleicht schießt der 28-Jährige zum Saisonfinale ja auch noch ein entscheidendes Kopfballtor...so wie sie es damals von ihm eigentlich erwartet hatten.

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