Fr, 21. Oktober 2005

Viel Prominenz beim Verein zum anfassen

Gegner im Visier: Kickers Offenbach

Bei den Offenbacher Kickers steht die Prominenz nicht auf, sondern neben dem Platz. Co-Trainer Manfred Binz war lange Jahre Libero der Frankfurter Eintracht mit Offensivdrang und EM-Teilnehmer 1992. Marketingleiter Michael Sternkopf dribbelte einst für den KSC und die Bayern. Manager Uwe Bein war 1990 gar Fußball- Weltmeister und galt als Mann für den tödlichen Pass.

Last but not least ist Präsident Dieter Müller in vielen Allzeit-Torschützenlisten immer noch weit vorne zu finden und hält mit sechs Treffern im Spiel des 1.FC Köln gegen Werder Bremen den Rekord für die meisten Tore in einem Bundesligaspiel. Sie alle haben entweder ihre aktive Karriere in Offenbach begonnen (Bein, Müller) oder ausklingen lassen (Binz, Sternkopf). Aktuell führen sie einen Klub, der wie die Alemannia in der Vergangenheit finanziell am Abgrund wandelte, sich mit Hilfe eines umsichtigen Präsidiums konsolidierte und jetzt auch sportlich langsam an alte Zeiten anknüpft. Nach dem souveränen Aufstieg in der vergangenen Saison als Meister der Regionalliga Süd – an 28 von 34 Spieltagen belegte das Team den ersten Tabellenplatz – gelang auch der Start in die aktuelle Saison prächtig. Auch wenn sich der OFC langsam aber sicher in der unteren Tabellenhälfte einfindet, findet es Volker Goll „klasse, dass alles so gut passt“.

Der Mit-Herausgeber des Offenbacher Fanzines „Erwin“, das zum heutigen Spiel mit Ausgabe Nummer 60 herauskommt, hat wie viele auch eine mögliche Schwäche erkannt: „Es wird vielleicht ein bisschen dünne, wenn sich Leute verletzen.“ Dennoch ist die Stimmung rund um die Kultstätte Bieberer Berg „als hätte jemand den Schalter umgelegt“, wie Goll es nennt. Entspannt wird das Team auch nach Niederlagen wie gegen 1860 München gefeiert, während in der Aufstiegssaison das „Gemosere fast größer war als die Begeisterung“. Der OFC selbst hat sich den Titel „Verein zum Anfassen“ verpasst. Die Spieler sollen offen auf die Fans zugehen, Verantwortliche haben sich vorgenommen, stets ein offenes Ohr für die Anhänger zu haben. Volker Goll sieht gar eine parallele Entwicklung zwischen dem Verein und der Stadt. „Offenbach wird langsam hip“, sagt er. Nachdem der Weltkrieg und in der Folge die Städteplaner viel zerstört hätten, sei Offenbach als Stadt zum Leben und Wohnen langsam im Kommen.

Im kulturellen Leben wie im Fußball stand die Heimat des OFC bisher stets im Schatten des großen Frankfurt, an das Offenbach im Südosten der Mainmetropole direkt grenzt. Sportlich lässt sich die erbitterte Rivalität neben der direkten Nachbarschaft durch zwei historische Begebenheiten erklären. Im Endspiel um die deutsche Meisterschaft besiegte Eintracht den OFC im Jahr 1959 mit 5:3 und erhielt dabei einen für viele unberechtigten Elfmeter. Und bei der Gründung der Bundesliga 1963 wurden die Kickers dann trotz nachweislich besserer Voraussetzungen übergangen. An ihrer Stelle erhielt die Eintracht den Platz. „Das war schon ziemlich bitter“, sagt Goll. Aktuell spielt die Konkurrenz eine untergeordnete Rolle, der OFC konzentriert sich auf den Klassenerhalt in Liga 2, die Eintracht eine Klasse höher. OFC-Coach Hans-Jürgen Boysen schwört dazu auf ein System mit Viererkette und zwei Abräumern vor der Abwehr. „Wir können nicht munter drauflos stürmen“, sagt der Fußball- Lehrer, der Offenbach nach 1999 schon zum zweiten Mal in die Zweite Liga geführt hat. Dennoch sagt Boysen: „Aber wir sind heiß zu zeigen, dass wir auch gegen die großen Mannschaften bestehen können.“

 
Englischs Wiesersehen mit einem alten Bekannten

Markus Happe wird das Offenbacher Team heute als Kapitän auf das Feld führen. Wir sprachen mit dem Abwehrspieler.

Herr Happe, Sie sollen ein Freund des englischen Fußballs sein.

Happe: Stimmt, ich sehe englischen Fußball sehr gerne. Wenn es möglich gewesen wäre, sich eine Liga auszusuchen, dann hätte ich gerne mal in England gespielt.

Da werden Sie sich am Aachener Tivoli vermutlich wohl fühlen.

Happe: Ich habe ja schon das Vergnügen gehabt, dort zu spielen. Und was die Atmosphäre angeht war das wirklich ein Vergnügen. Ein sehr enges Stadion, wirklich mit denen auf der Insel zu vergleichen.

Mit Erik Meijer werden Sie auch den passenden Gegenspieler haben. Er hat in Liverpool gespielt hat und seine Spielweise passt nach England.

Happe: Ich kenne Erik sehr gut aus unseren drei gemeinsamen Jahren in Leverkusen. Erstmal werden wohl viele Erinnerungen wach werden, denn es war eine sehr schöne und auch erfolgreiche Zeit bei Bayer. Gerade was die Kopfballduelle angeht, könnte es ziemlich zur Sache gehen. Aber da kommt nicht nur auf mich, sondern auf unsere ganze Mannschaft eine Aufgabe zu. Erik kann schließlich ein ganzes Stadion begeistern.

Sie haben zunächst in Ihrer Heimatstadt Münster, dann lange in Leverkusen, Schalke und beim 1. FC Köln gespielt - was hat Sie damals nach Offenbach verschlagen?

Happe: Ich habe mit dem 1. FC Köln den Aufstieg in die Erste Liga geschafft, bin dann aber dort nicht mehr recht zum Zuge gekommen und wollte den Verein verlassen. Es war für mich angenehmer, zu einem Regionalligisten mit der Perspektive Aufstieg zu wechseln als zu einem Zweitligisten, der möglicherweise gegen den Abstieg spielt. Jetzt haben wir mit den Kickers den Aufstieg realisiert und ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden mit meiner damaligen Entscheidung.

Sportlich haben die Kickers einen prima Start hingelegt, sich dann aber in der Liga eingeordnet. Wie können Sie als Führungsspieler auf Ihre Kollegen einwirken, um sie nach der Euphorie zu Beginn auf den harten Alltag vorzubereiten?

Happe: Wir sind wirklich gut gestartet. Letztendlich war uns aber klar, dass die Zielsetzung nur der Klassenerhalt sein kann. Wir haben dann aus vier Spielen in Folge nur einen Punkt geholt, mit Ausnahme der Leistung gegen Paderborn aber sehr gute Spiele gemacht. Man muss bedenken, dass einige unserer Spieler Mitte 20 sind gerade ihre ersten Zweiligaspiele absolvieren. Die erfahrenen Leute im Umfeld wissen, was die Mannschaft leisten kann. Oberstes Gebot ist es, die Ruhe zu bewahren.

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