Do, 22. April 2021

"Die Alemannia nachhaltig gestalten."

Interview mit Geschäftsführer Martin Bader

Martin Bader ist seit dem 1. März 2021 Geschäftsführer von Alemannia Aachen. Der 53-Jährige übernimmt die Verantwortung für den kaufmännischen und sportlichen Bereich bei der Alemannia. Mit seinem ersten Arbeitstag hat sich Bader in enger Absprache mit dem Interimsgeschäftsführer Hans-Peter Lipka, dem Trainerteam und der Geschäftsstelle in die verschiedenen Bereiche bei Alemannia Aachen eingearbeitet. Nach rund 50 Tagen als Verantwortlicher bei den Schwarz-Gelben haben wir ihn zum Interview getroffen.

Martin Bader, die Alemannia befindet sich in einer sportlich schwierigen Situation. Momentan steht das Team auf Platz 14 in der Regionalliga West und bleibt hinter den Erwartungen zurück. Wie nehmen sie momentan die Situation wahr?

Wir können mit den Ergebnissen und unseren Auftritten nicht immer zufrieden sein. Eine kritische Analyse findet regelmäßig statt. Von Spieltag zu Spieltag haben die Trainer Kristoffer Andersen und Dietmar Bozek mit immer wiederkehrenden Personalproblemen zu tun. Aufgrund von Sperren bzw. Verletzungen konnte sich keine Mannschaft finden und einspielen. Insgesamt habe ich aber den Eindruck, dass die Bereitschaft und der Wille vorhanden sind, Spiele gewinnen zu wollen. In der Tabelle stehen wir mit Platz 14 auf einem Rang, der den Erwartungen nicht gerecht wird.

Welche Gründe machen Sie für diesen Tabellenstand neben den großen Personalsorgen aus?

Die derzeitige sportliche Situation hat vielschichtige Gründe. Das fängt mit Sicherheit mit dem Ende der vergangenen Saison an, als die Spielzeit coronabedingt abgebrochen werden musste. Das verlorene FVM-Pokalfinale gegen den 1. FC Düren war sicherlich auch ein Nackenschlag. So ein Einstieg als Mannschaft zu haben, ist eine ganz schwierige Situation. Dazu darf man die Corona-Situation nicht unterschätzen, wenn sich eine Mannschaft im Sommer größtenteils neu zusammenfindet. Um erfolgreich zu sein, muss eine neue Mannschaft schnell zu einer Einheit im Training und im Spiel zusammenwachsen. Das Team musste schnell zu einer Einheit werden, was am ehesten über Team-Building Maßnahmen, wie ein Kurz-Trainingslager oder einem Mannschaftsabend funktioniert. Seit Beginn der Saison ist das sehr schwierig. Trainingseinheiten mussten ausgesetzt werden, neue Spieler integriert werden, und aufgrund der Hygienebestimmungen bereitet sich die Mannschaft ständig in vier verschiedenen Kabinen vor, somit ist eine Entwicklung eines Gemeinschaftsgefühls schwierig. Dieses braucht man, um erfolgreich Fußball zu spielen. Das ist der Punkt, an dem wir für die neue Saison ansetzen müssen. Wir möchten schnell eine Mannschaft finden, die als solche funktioniert und auftritt. Charakterlich kann ich keinem einzelnen Spieler etwas vorwerfen. Unser Anspruch muss es weiterhin sein, Spiele bis zum Ende der Saison gewinnen zu wollen.Es gilt auch positive Momente mit in die neue Spielzeit zu nehmen. Der letzte Eindruck bleibt immer hängen.

Den sportlichen Überblick konnten Sie sich mit vielen Spielen im März und April verschaffen. Was ist Ihr Eindruck über die Situation von Alemannia Aachen dahinter, im kaufmännischen Bereich?

Der große Vorteil ist, dass ich keine große Einarbeitungszeit aufgrund meiner langjährigen Erfahrung aus anderen Vereinen brauchte. Ich habe mich, unterstützt von Hans-Peter Lipka und den vorhandenen Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle, schnell am Tivoli eingefunden und Sponsoren und Partner kennenlernen dürfen. Das wird mich sicherlich in den nächsten Wochen weiterhin beschäftigen. Die Wirtschaftlichkeit des Vereins ist weiterhin eine große Herausforderung. Die beiden Haupteinnahmequellen mit dem Sponsoring und den Zuschauereinnahmen stehen in den Sternen, weil wir zum aktuellen Zeitpunkt nicht wissen, wann wir wieder vor Fans spielen dürfen. Zum einen fehlt die Atmosphäre für die Spieler - es gibt Spieler, die nicht einmal vor Zuschauern für die Alemannia gespielt haben - und zum anderen haben Fans und Sponsoren seit Monaten kein Spiel mehr ihrer Alemannia live vor Ort gesehen. Das darf man nicht unterschätzen. Wir müssen wieder das Zusammenwachsen und den persönlichen Austausch pflegen.

Nun sind Sie an den Tivoli in einer schwierigen Zeit gekommen. Die Corona-Pandemie macht auch der Regionalliga West zu schaffen. Wieso haben Sie sich für die neue Herausforderung „Alemannia Aachen“ entschieden?

Als im Februar die Anfrage von Vereinspräsident Dr. Martin Fröhlich kam, habe ich den ein oder anderen alten Weggefährten, der einen Bezug zu diesem Verein und dieser Stadt hat, gefragt. Sie haben mir alle geraten, bei der Alemannia zu arbeiten. Es ist ein toller Standort. Erfolgsfaktoren im Fußball sind die Größe der Stadt, die Infrastruktur durch das Stadion, die Fan-Unterstützung bzw. Tradition und die Wirtschaftlichkeit. Die ersten drei genannten Punkte sind in Aachen etwas Besonderes, insbesondere die Unterstützung durch die Fans ist außergewöhnlich. Wir haben die Schwierigkeit der Wirtschaftlichkeit. Aber an dieser Stelle spricht es für die Verantwortlichen am Tivoli, dass der Verein keine Verbindlichkeiten in dieser schwierigen Phase besitzt. Die wesentlichen Entscheidungen haben dazu geführt, dass der Verein weiterhin schuldenfrei sein wird. Dies war aber auch nur möglich, weil die Alemannia auf die treue Unterstützung der Fans, und der Sponsoren, die nach wie vor zur Alemannia stehen und finanziell helfen, zählen kann. Wirtschaftliche Vernunft steht über allem. Es ist eine große Aufgabe, ich habe auch Respekt davor. Aber mit der Alemannia in den nächsten Jahren etwas aufzubauen, das reizt mich – eine gewisse Nachhaltigkeit, sowie ein roter Faden bei unseren Entscheidungen soll auch nachvollziehbar werden. Ich würde mich freuen, wenn Fans, Sponsoren und Partner, sowie alle, die diesen Vereinen unterstützen, diesen Weg mitgehen und mir und der Alemannia zur Seite stehen. Aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen brauchen wir einen langen ausdauernden Atem.

Sie vereinen als Geschäftsführer zwei Bereiche, den des Kaufmanns und des Kaderplaners. Das wurde in den letzten Jahren personell auch mal anders umgesetzt. Wie können Sie beides liefern?

Die Gesamtverantwortung in Abstimmung mit den Gremien liegt bei der Alemannia seit dem 1. März bei einer Person, das bin ich und das ist in der Regionalliga gut darstellbar. Dafür muss die zweite Führungsebene ausgebaut werden. Es braucht Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten, um auch strukturell besser zu arbeiten. Wir brauchen ein gesundes Mitarbeiter – und Vereinsfundament. Je stabiler ein Verein in allen Bereichen sich aufstellt,  desto besser kann eine Mannschaft auch am Ende Fußball spielen. Kontinuität und Nachhaltigkeit sind immer auch Erfolgsfaktoren im Fußball. Ich teile die Verantwortung gerne auf Personen auf, die eine Eigenverantwortung und Verlässlichkeit mitbringen. Zurzeit läuft hierfür die Neuausrichtung. Ich werde das alleine nicht schaffen, ich brauche in allen Bereichen helfende Hände.

Sie haben eine wichtige, sportliche Personalie für die neue Saison vor wenigen Tagen mit der Verpflichtung von Patrick Helmes besetzt. Was bringt der 37-Jährige für den Posten als Cheftrainer ab der kommenden Spielzeit mit?

Mit Patrick Helmes haben wir einen jungen Trainer gefunden, der in unser Konzept, wie im sportlichen Bereich die Zukunft aussehen könnte, perfekt passt. Patrick hat einen längerfristigen Vertrag am Tivoli unterschreiben, auch, um hier mitzuhelfen etwas erfolgreich aufzubauen. Unsere gemeinsame Vorstellung ist, mit einer jüngeren Mannschaft aktiv Fußball zu spielen. Patricks Ideen kurz-, mittel- und langfristig, haben sich mit meinen gedeckt. Wir wollen in der Zukunft vor allem nachhaltig arbeiten, in dem wir unseren Kader über einen längeren Zeitraum im Kern zusammenhalten wollen. Zudem soll die Spieleranzahl verringert werden, auch der Wirtschaftlichkeit geschuldet, um vielen Spielern mehr Einsatzzeiten zu geben. Darüber hinaus ist beabsichtigt, auch junge Spieler aus dem eigenen Verein in Zusammenarbeit mit der Nachwuchsabteilung ab Sommer mehr zu integrieren.

Wie lief der Austausch mit Patrick Helmes bis hin zur Verpflichtung ab?

Patrick und ich sind uns in den letzten Jahren häufiger im Fußballgeschäft begegnet. Schon als er als Spieler in der Bundesliga gespielt hat und ich als Funktionär gearbeitet habe, kreuzten sich die Wege. Nachdem ich meine Arbeit in Aachen aufnahm, wurde der Austausch wieder intensiver. Wir haben uns über unsere Philosophien ausgetauscht, welche Erfahrungen er als Trainer in seinen sechs Jahren gesammelt hat, wie er im Training arbeitet und was er von einer neuen Aufgabe auch erwartet. Das war in vielen Gesprächen überzeugend. Patrick hat viele Ideen, er sprudelt vor Begeisterung für die Aufgabe und kann mitreißen. Das ist das, wir brauchen. Er ist unser Wunschkandidat.

Wie laufen zurzeit Ihre Kaderplanungen für die neue Saison?

Wir wollen keinen großen Umbruch. Wir haben Ideen mit welchen Spielern wir in den kommenden Tagen und Wochen sprechen möchten. Wir wollen eine größere Anzahl von Spielern des aktuellen Kaders auch über den Sommer hinaus am Tivoli beschäftigen, um auch kontinuierlich etwas aufzubauen – immer mit dem großen Fragezeichen, welche Etatgröße zur Verfügung steht. Ich hoffe, dass uns Fans, Sponsoren und Partner weiter den Rücken stärken und auch zu einem weiteren Neuanfang stehen. Wir können nur unsere Hausaufgaben machen und versuchen zu überzeugen.

Der Ausgang des Mittelrhein-Pokals ist weiter noch offen. Der Fußballverband Mittelrhein lässt eine Entscheidung, ob und wie der Pokal, der zur Teilnahme an der lukrativen ersten Runde des DFB-Pokals berechtigt, weitergespielt wird. Wie wichtig wäre aus Ihrer Sicht das Ausspielen des FVM-Pokals?

Natürlich wäre das eine wichtige Einnahmequelle. Egal, wie der Wettbewerb gespielt wird, wollen wir alles versuchen, diesen Pokal zu gewinnen. Es sind keine einfachen Gegner im Teilnehmerfeld, mit Viktoria Köln auch ein Drittligist. Für uns wäre eine Teilnahme am DFB-Pokal eine riesengroße Chance, wirtschaftlich und sportlich wäre es ein enormer Zugewinn. Wir müssen jetzt abwarten, ob und wie der FVM-Pokal ausgetragen wird.

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