DFB-Pokal - Saison 2010/2011 - 4. Spieltag - Mittwoch 26.01.2011  - 20:30 Uhr
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„Wir werden nicht erstarren“

Auch gegen den Rekordmeister aus München fordert Hyballa offensiven und mutigen Fußball

Rund um den Tivoli erinnert man sich noch gerne zurück an den 4. Februar 2004. Es war die 81. Spielminute, als Frank Paulus den Ball beim Stand von 1:1 von halbrechts in den Strafraum flankte. Erik Meijer stieg am höchsten, überwand Oliver Kahn per Kopf und sorgte für eine der größten Fußballpartys auf dem Aachener Tivoli. Heute, knapp sieben Jahre später, ist die Ausgangslage vor dem Pokalknüller am Mittwoch um 20.30 Uhr gegen den deutschen Rekordmeister FC Bayern München im Viertelfinale des DFB-Pokal ähnlich: „Wir sind wieder der Underdog, und die Bayern reisen erneut mit einer hochkarätigen Mannschaft nach Aachen. Im Vergleich zu damals haben wir dieses Mal zwar eine jüngere Mannschaft, doch das spielt keine Rolle. Die Einstellung muss stimmen, darauf kommt es an“, betonte Sportdirektor Erik Meijer am Montagmittag vor den Medienvertretern.

Die Vorbereitungen auf das große Duell laufen derweil auf Hochtouren, auch außerhalb der Mannschaft. Es hat den Anschein, als fiebere eine ganze Region dem Viertelfinale des DFB-Pokal entgegen. „Wir haben natürlich auch wahrgenommen, welche Euphorie bereits vor der Partie bei den Fans herrscht – die langen Schlangen vor den Ticketschaltern sind dafür nur das beste Beispiel. Am Mittwoch schauen Millionen von Zuschauern aus ganz Deutschland zu uns nach Aachen. Das ist etwas Besonderes“, betonte Meijer.

Für die meisten im Kader ist es das erste Mal überhaupt, sich mit namhaften Größen wie Schweinsteiger, van Bommel oder Robben zu messen, so auch für Marco Höger. Alemannias Dauerbrenner, dem im bisherigen Wettbewerb in jedem Pokalspiel ein Treffer gelang, kann sich zwar nicht mehr an den Pokalerfolg von 2004 erinnern, weiß aber, dass eine Sensation erneut möglich ist. „Wir spielen gegen die Besten der Besten. Wir werden diesen Abend genießen und alles versuchen, für die Überraschung zu sorgen“, so Höger.

Eines steht fest: Das Team wird auch gegen zahlreiche Weltklasse-Fußballer seiner Linie treu bleiben. „Wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder wir stellen uns nur hinten rein und organisieren schon mal die Fluchtwagen vor dem Stadion, oder wir suchen den Weg nach vorne und versuchen, unser Spiel aufzuziehen. Wir sind stark genug für die zweite Variante. Wir werden sicher nicht erstarren“, versichert Hyballa, der wie vor jeder Begegnung eine intensive Videoanalyse vornahm. Zusammen mit Co-Trainer Eric van der Luer, der in der Hinrunde einige Tage an der Säbener Straße hospitierte, habe man einige interessante Erkenntnisse herausarbeiten können. „Auch der große FC Bayern hat seine Schwächen. Das sind ja auch nur Menschen und keine Außerirdischen. Wir werden versuchen, sie permanent unter Stress zu setzen. Wenn sie Fehler machen, sind wir da“, gibt sich der Chef-Coach zuversichtlich.

Große personelle Veränderungen werde es gegen das Team von Luis van Gaal nicht geben. Kevin Kratz, der gegen den KSC aufgrund eines grippalen Infekts passen musste, absolvierte am Montagmorgen eine Laufeinheit. Sein Einsatz am Mittwoch ist noch fraglich. Thomas Stehle trainierte nach seiner Wadenverhärtung dagegen am Vormittag ohne Probleme mit dem Team. „Ansonsten sehen wir momentan keinen Grund für große Wechsel“, sagt Hyballa.

Die Partie gegen den FC Bayern ist ausverkauft, 32.160 Zuschauer werden am Tivoli zu Gast sein. Geleitet wird die Begegnung von Michael Weiner. Ihm assistieren Norbert Grudzinski und Carsten Kadach. Vierter Offizieller ist Sönke Glindemann.

Spieldaten

Aufstellung

Alemannia Aachen: Hohs – Demai, Stehle, Feisthammel, Achenbach – Junglas – Höger, Arslan (73. Radu), Radjabali-Fardi (54. Kratz) – Auer, Stieber (82. Cubukcu) / Trainer: Peter Hyballa

FC Bayern München: Kraft – Lahm, Tymoshchuk, Badstuber, Luiz Gustavo – Ottl, Pranjic – Müller, Schweinsteiger, Hamit Altintop (72. Robben) – Gomez (82. Klose) / Trainer: Louis van Gaal

Tore

0:1 Gomez (26.), 0:2 Müller (75.), 0:3 Müller (80.), 0:4 Robben (88.)

Verwarnungen

  Junglas (68.)

Ecken

3 / 2

Schiedsrichter:

Michael Weiner (Giesen) – Norbert Grudzinski, Carsten Kadach, Sönke Glindemann

Zuschauer:

32.190 (ausverkauft; davon ca. 3.500 Bayern-Fans)

Wetter:

bedeckt, 0 Grad

Trotzdem ein geiler Abend

Alemannia unterliegt dem FC Bayern mit 0:4 - Thomas Müller trifft doppelt

Die Erfolge aus 2004 und 2006 gegen die Bayern machten im Vorfeld der Viertelfinalbegegnung des DFB-Pokals Mut, doch der dritte Pokalstreich sollte der jungen Alemannia am Mittwochabend gegen den FC Bayern München dann doch nicht gelingen – die Hyballa-Elf hatte am Ende deutlich mit 0:4 das Nachsehen gegen den Rekordmeister. In einer höhepunktarmen ersten Hälfte markierte Mario Gomez mit dem ersten richtigen Angriff der Gäste die Pausenführung (26.). Nach dem Wechsel legten die Schwarz-Gelben den Respekt ein wenig ab, der Ausgleich lag in der Luft. Drei stark vorgetragene Konter nutzte der Favorit durch zwei Treffer von Thomas Müller sowie dem erst im zweiten Durchgang eingewechselten Arjen Robben zum deutlichen 0:4-Endergebnis.

Peter Hyballa hatte bereits zwei Tage vor dem großen Kracher gegen den FC Bayern München angedeutet, keine großartigen Veränderungen in der Startelf vorzunehmen. So begann gegen den deutschen Rekordmeister die gleiche Elf, die schon am Samstag gegen den KSC erfolgreich war. Vor Keeper David Hohs postierte sich die Viererkette mit Aimen Demai, Thomas Stehle, Tobias Feisthammel und Timo Achenbach. Vor der Abwehr agierte Manuel Junglas, über die Außen kamen Shervin Radjabali-Fardi und Marco Höger. Tolgay Arslan startete auf der „Zehn“, Benny Auer und Zoltán Stieber markierten das Sturm-Duo. Kevin Kratz nahm nach überstandener Krankheit zunächst auf der Bank Platz.

Auf der Gegenseite lag der Fokus in den vergangenen Tagen besonders auf einer Person: Arjen Robben. Doch Bayerns Mosaikstück – wie Hyballa ihn bezeichnete – war nicht hundertprozentig fit und schaute zunächst von außen zu.

Ganz Aachen sprach seit Wochen von den beiden Pokalsensationen aus den Jahren 2004 und 2006. Die positive Serie gegen den großen Goliath sollte nun auch mit ins neue Stadion transportiert werden. Schon eine Stunde vor dem Anpfiff war der Tivoli äußerst gut gefüllt, die elektrisierende Atmosphäre war zum Greifen. Mit einer riesigen Choreographie beim Einlauf der Teams erfolgte der Startschuss zum Viertelfinale des DFB-Pokals.

Louis van Gaals vorgelebten dominanten Fußball entsprechend nahm der Rekordmeister aus München von Beginn an das Heft in die Hand. Die Alemannia stand zu tief in der eigenen Hälfte, die Bayern hatten deutlich mehr Ballbesitz. Es dauerte bis zur 21. Spielminute,  als der ausverkaufte Tivoli die erste Chance sah: Stehle erkämpfte sich den Ball vor Schweinsteiger und bediente Auer blitzschnell im Angriff. Sein Schuss aus knapp 16 Metern ging nur knapp am linken Pfosten vorbei.

Fünf Minuten später kamen auch die Gäste zu ihrer ersten Gelegenheit – und die nutzten sie gleich zur Führung: Luiz Gustavo konnte von links ungestört flanken, und Mario Gomez überwand Hohs sicher aus sieben Metern per Kopf (26.). Die Führung gab dem Team von Louis van Gaal noch mehr Sicherheit, kontrolliert lief die Kugel durch ihre Reihen. Nach etwas mehr als einer halben Stunde forderten alle schwarz-gelbe Anhänger auf den Rängen lautstark einen Strafstoß, doch Schiedsrichter Weiner sah Auers Sturz nach einem Zweikampf gegen Gustavo nicht als Foul an – man hätte allerdings durchaus auf den Punkt zeigen können. Fast im Gegenzug zeichnete sich Hohs aus, der gegen Torschütze Gomez die Oberhand behielt (36.). Bis zur Pause passierte nichts Nennenswertes mehr.

Während der Rekordmeister auch im zweiten Durchgang den Ton angab, hatte die Hyballa-Elf sichtlich Probleme, Sicherheit und Ruhe ins Spiel zu bekommen. Vereinzelte Ballverluste sorgten immer wieder dafür, keinen richtigen Zug nach vorne entwickeln zu können. Den Bayern gelang das deutlich besser, Gomez scheiterte nach einem Doppelpass mit Müller erneut freistehend vor dem stark aufspielenden Hohs (54.).

Peter Hyballa nahm nach 55 Minuten seinen ersten Wechsel vor: Kevin Kratz kam für Radjabali-Fardi und sollte über die linke Seite mehr für Druck sorgen. Den Neon-Gelben gelang es nun, den Respekt vor dem deutschen Rekordmeister etwas abzulegen, so dass man das Spiel mehr in die Offensive verlegen konnte. Stiebers Ecke fand in der 61. Minute den Kopf von Fesithammel, dessen Kopfball Kraft bärenstark auf der Linie parierte - eine Schlüsselszene.

Beide Torhüter hatten nun deutlich mehr zu tun, als noch im ersten Durchgang. Altintops Schuss hielt Hohs sicher fest (67.), Demais Flanke lenkte Kraft gerade noch zur Ecke (69.). Die Alemannia stemmte sich mit allen Kräften gegen das Ausscheiden und auch die Zuschauer versuchten alles, das junge Team zu unterstützen. Hyballa stellte nun komplett auf Offensive: Für Arslan kam Rudu als dritte Spitze. Auch van Gaal nahm eine Änderung vor, Arjen Robben kam nach 72 Minuten für Altintop in die Partie und setzte sich gleich in Szene: Alles konzentrierte sich auf den niederländischen Vizeweltmeister, Müller blieb auf der linken Seite fast schon unbemerkt. Den Raum nutzte das Münchener Eigengewächs zum 0:2 – die vorzeitige Entscheidung (75.).

Die jungen Alemannen versuchten alles, doch in der Offensive wollte an diesem Abend nur wenig gelingen. Zehn Minuten vor Abpfiff dann erneut der WM-Torschütze des vergangenen Jahres, der sich gegen Stehle und Feisthammel durchsetzte und erneut traf – 0:3 (80.). Dem eingewechselten Bilal Cubukcu wäre in der 85. Minute um ein Haar der Anschlusstreffer geglückt, doch der Türke traf nur das Außennetz. Weil Demai zwei Minuten vor Schluss die Kugel leichtsinnig gegen Schweinsteiger verlor, markierte Robben nach Zuspiel des Nationalspielers gar noch das 0:4 (88.), was auch der Endstand war. Die Alemannia ist ausgeschieden, die Fans feierten ihre tapfere Elf dennoch. Am Ende fiel die Niederlage in jedem Fall zu hoch aus.

Zum Spiel

Uli Hoeneß: „Es war uns klar, dass es in Aachen nicht einfach wird. Aber wir haben total souverän und hoch verdient - auch in der Höhe - gewonnen. Jetzt wünsche ich mir ein Heimspiel gegen Schalke.“

Holger Badstuber: „Das war ein hartes Stück Arbeit. Nach dem 1:0 haben die Aachener noch einmal Druck gemacht. Es war wichtig, dass uns in dieser Phase das 2:0 gelungen ist und wir dann eben unsere Konter für weitere Tore hatten. Die haben wir gut rausgespielt und immer zusammen als Team nach hinten gearbeitet.“

Philipp Lahm: „Wir haben in Aachen dreimal nicht gewonnen und wollten es besser machen. Entsprechend waren wir sehr konzentriert und haben aggressiv gespielt und dann auch verdient gewonnen. Aachen hatte zwar eine starke Phase, aber wir haben gezeigt, dass wir uns aus solchen Situationen befreien. Wir wollen unbedingt nach Berlin, wissen, wie schön es ist, dort zu spielen und vor allem wie schön es ist, den Pokal zu gewinnen.“

Andreas Ottl: „Uns war klar, was hier auf uns zukommt. Wir haben den Ball sehr gut laufen lassen. Uns war klar, dass wenn wir den Ball in den eigenen Reihen bewegen, die Aachener Beine nach 60, 70 Minuten schwer werden und wir dann unsere Chancen bekommen. Das ist dann auch eingetreten. Mit Arjen Robben hatten wir noch ein Trumpf in der Hinterhand, aber auch vor seiner Einwechslung hatten wir gute Chancen, um auf 2:0 oder 3:0 zu erhöhen.“

Thomas Stehle: Die Niederlage ist sicher ein, zwei Tore zu hoch ausgefallen. Wir hatten uns in der Pause vorgenommen, mutiger nach vorne zu spielen. Das ist uns dann auch besser gelungen, wodurch wir hinten natürlich offener waren. Schade, dass Kraft den Kopfball so stark pariert hat, wir waren am Ausgleich dran. Am Ende haben die Bayern einfach ihre individuelle Klasse gezeigt und uns gnadenlos ausgekontert.

Benny Auer: Es ist schon bitter, so hoch als Verlierer vom Platz gehen zu müssen. In der ersten Halbzeit waren wir etwas zu verhalten, fast schon ängstlich. Mit unnötigen Ballverlusten haben wir uns das Leben da selber schwer gemacht. Über weite Strecken war das aber von uns ein sehr ordentliches Spiel mit einigen guten Möglicheiten, das Spiel nochmal spannend zu machen. Meiner Meinung nach hätten wir im ersten Durchgang einen Strafstoß erhalten müssen. Gustavo trifft mich klar am Fuß, doch der Schiedsrichter hat es leider nicht so gesehen. Der Sieg geht am Ende natürlich für die Bayern in Ordnung. Wir schauen jetzt voll und ganz auf die Liga.

David Hohs: Ich denke, vier Gegentore haben wir heute nicht verdient, aber so ist das halt im Fußball. Es war für uns alle ein ganz besonderes Erlebnis gegen solch‘ einen hochkarätigen Gegner zu spielen. Der Spaßfaktor war trotz vier Gegentore riesig. Die gute zweite Halbzeit nehmen wir jetzt mit in den Ligaalltag.

Manuel Junglas: Das Ergebnis ist deutlich, aber es war kein schlechtes Spiel von uns. Vor dem Wechsel war der Respekt vielleicht ein wenig zu groß, doch nach der Pause haben wir wirklich alles versucht. Ich war sehr beeindruckt von Bastian Schweinsteiger. Ich hatte bei ihm schon das Gefühl, dass er Beruhigungstabletten genommen hatte, der war unglaublich ruhig am Ball. Da stand schon eine große internationale Klasse auf dem Feld.

Erik Meijer: Ich bin stolz auf die Jungs, das haben sie besonders in Hälfte zwei sehr gut gemacht. Leider hatten wir das Pech, dass uns ein klarer Elfmeter nicht gegeben wurde. In der Halbzeit hat der Trainer mit Erfolg ein paar Dinge korrigiert, da stand plötzlich eine andere Alemannia auf dem Platz. Schade, dass Kraft diesen Kopfball so grandios hält, es wäre sicher noch mal richtig spannend geworden. Jetzt flicken wir den Rasen und die Beine für die kommende Heimpartie gegen Fürth.

Peter Hyballa: Bayern München war heute einfach zu stark. Wir konnten ein paar Nadelstiche setzen, aber das war zu wenig. Wenn du diese Mannschaft schlagen willst, dann brauchst du eine Top-Leistung. Die haben wir heute nicht abgerufen, weder taktisch noch mental. Wir wollten noch offensiver verteidigen, aber das ist uns nicht gelungen. In der ersten Halbzeit war unser Umkehrspiel nicht gut, nach der Pause hatten wir eine ganz gute Phase. Wenn Tobi Feisthammel das 1:1 macht und das Publikum noch mal kommt, wäre vielleicht etwas drin gewesen. Herzlichen Glückwunsch an den FC Bayern, das ist eine absolute Spitzenmannschaft mit einem absoluten Spitzentrainer.

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