So, 28. März 2010

Der beste Fußballer der Welt

Vor kurzem habe ich im Fernsehen gesehen, wie Real Madrid in der Champions League von Olympique Lyon aus dem Wettbewerb gekegelt wurde. Bei Real spielt ein schöner Friseur, der jeden Morgen wahrscheinlich mehr Zeit im Bad verbringt als sämtliche Spielerfrauen der Alemannia-Spieler zusammen. Bei Freistößen stellt er sich vor den Ball wie sonst nur Playboy-Gründer Hugh Hefner vor eine seiner blonden Mitbewohnerinnen. Und auch wenn die Freistöße des Real-Portugiesen regelmäßig halbhoch in der Mauer landen, halten ihn viele Experten für den besten Fußballer der Welt. Das ist natürlich völliger Quatsch – jedenfalls, wenn man meinen vierjährigen Sohn Carl fragt. Denn für den steht außerhalb jeder Diskussion, dass der beste Fußballer der Welt bei Alemannia Aachen im Tor steht und Thorsten Stuckmann heißt. Selbst wenn Stuckmann nach einem Rückpass den Ball unkontrolliert in den Tivoli-Himmel ballert, kommen ihm da keine Zweifel. Ich kenne das. In meinen Kindertagen erzählte ich jedem, dass niemand Wolfgang Dremmler das Wasser reichen könne, weshalb ich auch nie zu hoffen wagte, dieser Dremmler würde mal seine Stiefel für Alemannia schnüren – auch wenn das von seiner Spielanlage her wohl näher lag als so manch anderer Alemannia-Transfer in den Achtzigern.

Vor kurzem staunte Carl nicht schlecht, als ich ihm beim Abendessen eröffnete, dass wir in der nächsten Woche zum Tivoli fahren würden, um sein Idol höchstpersönlich zu treffen. Er schien mir nicht zu glauben, war aber leicht irritiert, weiß er doch, dass sein alter Herr selten Witze macht, wenn es um Alemannia geht. Und als wir dann ein paar Tage später tatsächlich im Auto Richtung Aachen saßen, um Stuckmann zu treffen, wechselte seine Gesichtsfarbe. Thorsten Stuckmann unplugged – der helle Wahnsinn. In seinem besten Alemannia-Trikot und mit Alemannia-Schal um den Hals, wartete Carl am Rand des Spielfeldes auf das vorher vereinbarte Treffen mit dem besten Fußballer der Welt. Nach der Sondereinheit mit Benny Auer – laut Carl der zweitbeste Spieler der Welt und sicherer WM-Fahrer im kommenden Sommer – kam er dann tatsächlich. Und hatte Carl vorher noch den Mund sehr voll genommen und angenervt gefragt, wann denn der „Stuckmann endlich käme“, war er plötzlich kleiner als er eh schon ist. Doch schnell zeigte sich, dass es eben nicht pornoeske Gesten vor Freistößen sind, die den Unterschied machen. Liebenswürdig wurde Carl begrüßt und in coolen Small-Talk verwickelt. Der traute sich kaum den Mund aufzumachen, schmiegte sich an das Bein seines Papas und begnügte sich mit der Beobachtung Stuckmanns, der noch größer war als im Fernsehen. Einen kurzen Talk auf der Trainerbank des neuen Stadions und ein Paar signierte Torwart-Handschuhe später, wich die Schüchternheit zusehends und der große Stucki (Schuhgröße 48) und der kleine Carl (Schuhgröße 24) klatschten sich ab, wie zwei alte Haudegen, die schon lange gemeinsam dem runden Leder hinterher jagen. Gute Freunde eben!

Gegen Augsburg darf Carl mal wieder mit ins Stadion – ein gutes Omen, denn mit ihm hat Alemannia noch nie ein Heimspiel verloren. Als ich ihm dieser Tage sagte, dass es schwer werden würde gegen den kommenden Gegner, schließlich ginge es gegen den Tabellenzweiten, folgte die entrüstete Antwort auf dem Fuß: „Natürlich gewinnen wir, Papi. Wir haben doch den Stuckmann im Tor!“. Stimmt! Wer braucht schon südländische Freistoß-Akrobaten, wenn der beste Fußballer der Welt das Tor vernagelt.

www.torwort.de

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