Do, 2. Oktober 2014

Heller geht´s nicht!

Kolumne von Sascha Theisen zum Heimspiel gegen den FC Kray

Letztes Wochenende war ich mit meinen besten Freunden auf Tour – eines dieser Dinge, die Du nur noch selten machst, weil jeder mittlerweile in der Realität angekommen ist. Trotzdem: ein Mal im Jahr regiert noch einmal der gleiche Spaß wie in den goldenen Jahren und alles ist für einen Tag so wie es mal war. Um nicht gleich in die Kneipe zu gehen, waren wir dieses Mal wandern – im Siebengebirge. Zugegeben: Das ist etwas, das wir früher so vielleicht auch nicht gemacht hätten. Aber man lernt mit den Jahren halt dazu!

Wie auch immer: Natürlich spielt auch bei der anstrengendsten Wandertour der aktuelle Spieltag immer eine wichtige Rolle. Und was wäre das Leben, wenn nicht auch auf dem höchsten Gipfel noch eine kurze Sekunde Zeit für den Blick auf den Liveticker wäre? Smartphone sei Dank! Als wir letzten Samstag unterwegs waren, spielte Alemannia zwar nicht, aber das bedeutet ja nicht, dass das Spieltaggeschehen zwei und drei Klassen drüber nicht trotzdem interessant wäre.

„Wie steht´s bei Bayern in Köln?“, „Was macht Gladbach in Paderborn?“ oder „Wie steht es denn bei Darmstadt 98?“ sind Fragen, die in solchen Momenten hoch im Kurs stehen. Man will ja informiert bleiben. Den Ergebnisdienst aus Köln und Paderborn nimmt man einigermaßen gelassen hin, registriert den Spielstand und hakt ihn innerlich schnell ab – den aus Darmstadt aber nicht. Das liegt daran, dass meine Jungs, den in solchen Momenten besonders zelebrieren, wissen sie doch um mein Verhältnis zur rechten Seite Darmstadts, zu Marcel Heller. Für die Jüngeren unter uns: Marcel Heller war nicht immer die rechte Seite Darmstadts, sondern auch mal die von Alemannia. Und es gibt nicht wenige, die sagen: Wenn die rechte Seite von Alemannia direkt vor meinem Sitzplatz lag, konnte man die Lebensjahre auf meiner Uhr förmlich durch tickern hören. Man kennt diese Vergleiche in denen Fußballer und Möbelwagen eine Rolle spielen – selten waren sie angebrachter als damals, als Heller es mir rechts an der Linie recht machen wollte. Kontinuierliches Kopfschütteln waren Begleiter von Hellers Spiel und meiner Beobachtung dieses Schauspiels. Verzweiflung war das, was uns verband – er auf dem Rasen, ich in der Sitzschale. Eine Verzweiflung jener Sorte, die nur im Fußballstadion auf Dich einschlägt und die Spieler und Zuschauer miteinander verschmelzen lässt. Beide Seiten würden das unaufhaltsam Geschehene gerne ändern, sind aber irgendwie Gefangene ihres eigenen beschränkten Tuns. Kein Entrinnen, kein Entkommen! Weder für Heller, noch für mich.

Was eigentlich mehr schmerzte, war für die Jungs aber regelmäßig ein echter Spaß – denn in diesen Momenten der Trostlosigkeit schauten sie vergnügt zu mir rüber und lächelten debil in sich hinein, wenn ich jener Verzweiflung nah, das Gesicht in den Handinnenflächen vergrub und den lieben Gott inständig um Besserung anflehte – in Stoßgebeten, die so flehend waren, dass man sie dort oben auf der Prio-Liste offenbar ganz nach vorne sortierte, weit vor Kriegen, Verbrechen oder Hungerkatastrophen.

Denn seit einiger Zeit spielt Marcel Heller wie der junge Messi – unaufhaltbar, unwiderstehlich und unerschütterlich. Heller trifft, bereitet vor und geht voran. Ein großartiger Spieler, der sicher bald im Millionen-Bereich anzusiedeln ist und für den vielleicht auch bald der Bundesadler ernsthaft in Betracht kommt, sollte Marco Reus sich weiterhin so zuverlässig verletzen. Der einzige Haken an der Sache: Heller ist die rechts Seite Darmstadts und nicht die Alemannias.

Irgendwie glaube ich, dass meine Jungs irgendwie an dieser Verwandlung Hellers gedreht haben, womit wir wieder bei der Wanderung im Siebengebirge wären. „Zelebrieren“ ist gar kein Ausdruck für die Art und Weise, wie der Live-Ticker aus Darmstadt zum Besten gegeben wurde, als wir mitten in der Herrentour den Spieltag checkten. „Unglaubliche Aktion von Marcel Heller, der den Ball auf der rechten Seite mit links volley in den spitzen Winkel knallt – keine Chance für den Torwart. Damit: 1:0 für Darmstadt!“ Großes Gelächter in der Runde, ungläubiges Kopfschütteln nur bei einem, der alleine bleibt mit all seinen Fragen.

Wie auch immer: Eine Wanderung im Siebengebirge mit den besten Freunden ist unbezahlbar! Das wird Dir schnell klar, wenn Du anschließend wieder nach Hause und damit in der Realität ankommst. Dort, wo wir alle angekommen sind. Alle? Ja alle! Außer Marcel Heller!

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