Do, 28. Januar 2010

Neuer Service für Sehbehinderte

Gut fünf Monate nach der Eröffnung ist der Tivoli um einen weiteren Service reicher. Ab sofort bietet die Alemannia blinden und sehbehinderten Fußballanhängern einen besonderen Komfort: Bei Heimspielen sitzt ein Reporter inmitten der Sehbehinderten und kommentiert 90 Minuten lang das Spielgeschehen. So können auch blinde Fans das Spiel der Tivoli-Kicker vor ihrem „geistigen Auge“ sehen und gleichzeitig die Live-Atmosphäre auf dem Tivoli genießen.

Wer als fußballbegeisterter Anhänger ins Stadion geht, der will vor allem eines: ein gutes Spiel, mit vielen Chancen und vielen Toren sehen. Einigen Stadionbesuchern bleibt dieser Wunsch allerdings verwehrt: Gemeint sind die blinden und sehbehinderten Anhänger des runden Leders, die visuell nicht wahrnehmen können, was in den 90 Minuten auf dem grünen Rasen passiert. Ähnlich ergeht es Ole Gerdes und Frank Golinski. Beide sind schon seit Jahren große Alemannia-Fans, doch beide sind von Geburt an sehbehindert und können sich folglich nur aus Schilderungen anderer ein Bild davon machen, wie ihre Idole um Benny Auer und Thorsten Stuckmann aussehen und auf dem Feld agieren. Ab sofort steht ihnen auf dem Tivoli ein persönlicher Kommentator zur Verfügung, der ihnen zu den akustischen Wahrnehmungen der Stadion-Atmosphäre das Spielgeschehen detailliert beschreibt. „Ich freue mich riesig über dieses neue Angebot der Alemannia. Jetzt wird sich der Stadionbesuch für mich noch mehr lohnen“, meint Gerdes, der sich schon seit längerer Zeit auf dem Tivoli einen Kommentator für Sehbehinderte wünscht – bietet dies doch ein Teil der Fußballklubs bereits seit einigen Jahren an. Dass der Wunsch erst jetzt erfüllt wird, hat einen bestimmten Grund, wie Christof Ehlen, Beauftragter der Alemannia in Sachen Stadionsysteme, meint: „Das Angebot des Kommentars für Sehbehinderte haben wir bewusst erst für den Beginn der Rückrunde geplant, da ein neues Stadion einen erheblichen organisatorischen Aufwand erfordert. So dauert es einige Zeit, bis alle Arbeitsabläufe einwandfrei funktionieren. Erst jetzt, wo sich alle an das neue Stadion gewöhnt haben, macht es Sinn, sehbehinderten Besuchern diesen Service anzubieten.“

Ins Leben gerufen wurde die Idee des Audiokommentars für Blinde mit der Gründung des Vereins „Die Sehhunde“ – dem Fußball-Fanclub für Blinde und Sehbehinderte – im Jahr 1991. Seitdem setzt sich die Organisation deutschlandweit für das Angebot der Kommentatoren in Fußballstadien ein, von der Bundesliga bis zur Kreisklasse. Rund 30 Vereine der Ersten, Zweiten und Dritten Liga können den Service für Sehbehinderte bereits vorweisen und mit der Alemannia gewinnt der Verein Sehhunde, der in einem Probelauf das Angebot auf dem Tivoli bereits getestet und für gut befunden hat, einen weiteren Zweitligisten hinzu.

Nicht nur für Ole Gerdes und Frank Gollinski war es beim Rückrundenauftakt der Alemannia gegen den Karlsruher SC eine Premiere, auch Ralf Steinweg, der Kommentator, verspürte ein wenig Lampenfieber, als er gut 15 Minuten vor Spielbeginn die Technik, die von der Alemannia zur Verfügung gestellt wird, prüfte. „Wir haben den ganzen Ablauf zwar in der Hinrunde bereits einmal kurz beim Heimspiel gegen Ahlen geprobt, doch die Partie ermöglichte keine gute Spielschilderung“, weist Steinweg mit einem Augenzwinkern auf die damalige Niederlage der Schwarz-Gelben hin. „Als Kommentator bist du einfach abhängig vom Spielgeschehen. Je interessanter die Partie, desto einfacher die Kommentierung des Spiels“, fügt der 43-jährige selbstständige Sozialarbeiter hinzu, der zwischen den Fans Platz nimmt und von dort aus die Begegnung durch ein Mikrofon kommentiert, sodass die sehbehinderten Besucher ihn über Kopfhörer klar und deutlich verstehen. Um die Reportagen weiter zu verbessern und somit das Stadionerlebnis für blinde und sehbehinderte Zuschauer so hochwertig wie möglich zu gestalten, steht die DFL den Vereinen und ihren Kommentatoren seit Anfang 2009 durch Qualifizierungsseminare zur Seite, die auch Steinweg künftig besuchen wird.

Die Rückrunde hatte für die Alemannia gerade erst seit wenigen Sekunden begonnen, da sorgte Daniel Adlung mit seinem Treffer bereits für die frühe Führung der Schwarz-Gelben und man hätte glauben können, der legendäre Radiokommentator Herbert Zimmermann hätte auf der Sparkassen Tribüne auf dem Tivoli Platz genommen. „Ich muss gestehen: Ich bin selbst ein Alemanne, bemühe mich jedoch so gut es geht neutral zu bleiben“, erklärt Steinweg seine emotionsreiche Freude über den Treffer, was seine beiden Adressaten an diesem Abend in keinster Weise stört, ganz im Gegenteil: „Toll wie er das macht, obwohl er kein gelernter Kommentator ist“, so Frank Golinski. Dabei weiß Ralf Steinweg ganz genau, worauf es beim Audiokommentar für Sehbehinderte ankommt: „Es reicht nicht, ein Spiel so zu kommentieren, wie es beispielsweise der Fernsehkommentator macht. Man muss mehr Einzelheiten, mehr Details schildern, jeden einzelnen Angriff bildlich erklären“, betont der 43-Jährige, der zusammen mit den beiden sehbehinderten Frank Golinski und Ole Gerdes nach 90 Minuten von einer gelungenen Premiere sprach, zu der der 3:1-Heimerfolg der Alemannia sicher seinen Teil beisteuerte.

Zehn Sitzplätze plus jeweils einen Platz für eine Begleitperson stehen sehbehinderten Fußballfans im Tivoli auf der Sparkassen Tribüne im Block W4 zur Verfügung. Tickets zum Preis von 11 Euro (inklusive Begleitperson) können schriftlich bestellt werden. Bestellungen können per Post an Alemannia Aachen GmbH, Ticketabteilung, Sonnenweg 11, 52070 Aachen, per Fax: 0241/ 9384039 oder per E-Mail: tickets@alemannia-aachen.de gesendet werden.

Verwendung von Cookies

Diese Seite nutzt Cookies für Google-Analytics. Sie können Cookies akzeptieren oder ablehnen und Ihre Entscheidung jederzeit ändern.

Weitere Informationen erhalten Sie hier.

Ablehnen Akzeptieren

Einstellungen

Weitere Informationen erhalten Sie hier.

Ablehnen Akzeptieren
Cookie Einstellungen Historie

Historie

alles löschen Schließen