So, 1. März 2009

Zurück auf dem Platz

Peter Neururer kehrt an den Tivoli zurück. An diesen Ort hat er nur "schönste Erinnerungen". Denen will er eine weitere hinzufügen. Und der MSV ist zum Erfolg verpflichtet, denn der Verein will unbedingt aufsteigen - auch wenn es lange schlecht lief.

Der schönste Platz auf Erden ist für Peter Neururer immer schon der Fußballplatz gewesen. Und so war die Zeit zwischen dem 30. August 2006 und dem 16. November 2008 eine schlimme Zeit für den Fußballtrainer. Am 30. August 2006 hatten sie ihn in Hannover beurlaubt und erst 25 Monate und 17 Tage später wurde er in Duisburg als Nachfolger von Rudi Bommer vorgestellt. Und nun ist Neururer tagtäglich dort, wo er nach eigenen Worten hingehört: auf dem Trainingsplatz. „Ich war zwar immer wieder bei Klubs im Gespräch und habe für verschiedene Medien gearbeitet – war also nie richtig weg. Aber die Arbeit mit einer Mannschaft hat mir doch sehr gefehlt“, sagt er.

In Duisburg haben sie ihm nun eine Aufgabe übertragen, die eigentlich gar nicht zum Bild von Peter Neururer in der Öffentlichkeit passt. Denn dort war er immer der „Feuerwehrmann“, der mit Sprüchen Mannschaften so motiviert, dass sie im Abstiegskampf bestehen. In Duisburg wurden zwar auch Saisonziele in der Hinrunde aus den Augen verloren, doch geht es hier nicht gegen den Abstieg, sondern um den Aufstieg. „Der Verein sagt, wir müssen wieder aufsteigen“, sagt Neururer dazu und seine Stimme klingt so, als wäre ihm die Aufgabe auf den Trainerleib geschnitten. Und siehe da, Neururer hat sein Amt mit einer formidablen Siegesserie gestartet. Er hat die Mannschaft umgekrempelt oder zumindest den Kader gestrafft und neun Spieler aussortiert. Er hat dem Team eine klare Struktur gegeben, Führungsspieler wie Ivica Grlic, Mihai Tararache, Adam Bodzek und Björn Schlicke in die Pflicht genommen und die Mannschaft angelogen. „Ich habe sie angelogen und ihnen am ersten Tag gesagt, dass sie gut sind“, sagt Neururer und lacht.

So kennen ihn die Menschen. Neururer, der Sprücheklopfer, ein markanter Typ, der polarisiert und nicht nur Freunde im Business hat. „Ich bin ein Idealist. Wenn das Leben nicht so teuer wäre, würde ich alles umsonst machen“, hat er einmal gesagt. „Wäre es kälter gewesen, wäre vielleicht einer von ihnen am Boden festgefroren“, ein anderes Mal als Trainer des 1. FC Köln nach einer 0:3-Niederlage gegen den MSV Duisburg. So ist er eben, der Peter Neururer. Markige Sätze sind die eine Seite des Trainers Peter Neururer, sportliche Erfolge die andere. Den VfL Bochum hat er einst überraschend in den Uefa-Cup geführt. Es war eine Zeit, in der hätten sie dem Trainer mit dem Schnauzbart am liebsten ein Denkmal in den Mittelkreis des Ruhrstadions gebaut. Nach jedem Sieg musste Neururer zu den Fans und einen ungelenken Tanz vorführen. Der Trainer hat diese Rolle genossen. Er hat ein Interview für die „Zeit“ gegeben und dabei demonstrativ in seinem Büro geraucht, auch wenn in der gesamten VfL-Geschäftsstelle Rauchverbot herrscht. „Ich darf hier im Moment alles“, hat er gesagt und so gewinnend gelächelt, wie man nur im Zeichen des Erfolges lächeln kann. Und auch bei seinem Herzensverein Schalke 04 konnte er eine tolle Bilanz aufweisen. Es gibt viele Geschichten, die Peter Neururer aus dieser Zeit erzählen könnte. Oder von einer seiner anderen Stationen – und von denen gibt es reichlich: Rot-Weiß Essen, Hertha BSC Berlin, 1. FC Köln, LR Ahlen, 1. FC Saarbrücken, Fortuna Düsseldorf, Kickers Offenbach, Hannover 96. Nicht überall passte es mit dem Trainer Neururer. Bei einigen Klubs war er kaum ein Jahr im Amt.

Auch auf dem Tivoli hat Peter Neururer eine Vergangenheit: Vom 11. Januar 1988 bis zum 9. April 1989 war er Trainer der Alemannia und auch hier durchaus erfolgreich, bis ihn Schalke 04 aus seinem Vertrag herauskaufte. „Ich habe nur schönste Erinnerungen an den Tivoli“, sagt er nun im Vorfeld der Rückkehr mit dem MSV Duisburg an die alte Wirkungsstätte. Dann überlegt er kurz: „Das wird das letzte Mal, dass ich an den alten Tivoli komme, oder? Oh, das wird gewiss ein Kribbelspiel, eines der eindruckvollsten Spiele meiner Karriere.“ Und plötzlich ist Neururer kaum zu bremsen. Der Tivoli weckt Emotionen in dem Fußballtrainer aus Leidenschaft. Er erzählt die Geschichte vom Besuch mit dem VfL Bochum. Bochum gewann und stieg auf, Neururer feierte eine große Party in der Kabine. „Das war ein wunderschöner Abend“, sagt er.

Um den Aufstieg geht es diesmal noch nicht. Aber ein richtungsweisendes Spiel ist es für beide Teams. „Wir sind auf einem guten Weg, aber es ist noch nicht alles Gold, was glänzt“, sagt Neururer. „Wir brauchen mehr Siege – auch für die richtige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.“ Denn bislang findet der MSV Duisburg, wenn es um die Vergabe der drei oberen Plätze geht, keine Beachtung. „Aber wir rücken mit jedem Spiel meiner Vorstellung von Fußball näher“, sagt Neururer. Und: „Die Mannschaft ist nun näher zusammengerückt.“

Über die Qualität im Kader besteht ohnehin kein Zweifel. Neben den Routiniers sind mit Christian Tiffert oder Bernd Korzynietz weitere Akteure mit reichhaltiger Bundesligaerfahrung in der Startformation, und auch Keeper Tom Starke, Abwehrmann Markus Brzenska oder Torjäger Cedrick Makiadi haben schon auf Erstliganiveau ihre Klasse gezeigt. An ihrer Seite kann Neururer zudem auf eine ganze Reihe hoffnungsvoller Talente bauen. Sandro Wagner kommt aus der Bayern-Reserve und spielt in der deutschen U21. Im Nachwuchs-Nationalteam war auch schon der Ex-Aachener Marcel Heller aktiv. Gordon Schildenfeld hat mit Zagreb schon in der Champions League gespielt. „Da ist jede Menge Potenzial“, sagt Neururer. „Und die Mannschaft hat einen großen Willen.“

Als Spieler ist Peter Neururer nie über die Amateurklasse hinausgekommen. Nun ist er mit einigen hundert Spielen einer der erfahrensten Trainer im Profibereich. „Muss jeder, der früher fünf Mal den Ball hochgehalten hat, automatisch gleich ein guter Trainer sein?“, hat er einmal süffisant gefragt, als es um seine Vergangenheit ging und darum, dass Rudi Völler ohne Trainererfahrung Bundestrainer werden würde. Jaja, Peter Neururer hatte nie ein Problem damit zu sagen, was er denkt. Dass er so lange warten musste, seine Erfahrung wieder weitergeben zu dürfen und wieder auf dem Trainingsplatz zu stehen, hat ihn gewiss gewurmt. Doch nun ist Peter Neururer zurück – auf dem in der Tat schönsten Platz der Welt: dem Tivoli.

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